Ein meisterhaftes Duospiel im vollbesetzten Saal
Musik
Im Festsaal des Casino Zug gastierten Sol Gabetta, Violoncello, und Kristian Bezuidenhout, Klavier. Die beiden international bekannten Solisten erbrachten eine schlechthin grossartige Leistung.
Zug – Das Programm nannte den Anlass «Rezital der Superlative». Für einmal war das nicht übertrieben. Auf ihrer Schweizer Tournee imponierten Sol Gabetta und Kristian Bezuidenhout nicht nur fast Abend für Abend mit einer technisch perfekten Leistung. In Zug gelang auch der Kontakt zum Publikum, das durch die Bekanntheit der Komponisten Schumann, Brahms und Mendelssohn mit bedeutenden Kompositionen einen zusätzlichen Bezugspunkt fand.
Zu Recht im Mittelpunkt nicht nur des Programms, sondern gleichzeitig im Nachvollzug stand die Sonate Opus 99 in F-Dur von Johannes Brahms. Der Komponist hatte als junger Mann selbst recht intensiv Cello gespielt. Trotzdem liess er sich in späteren Jahren für die Feinheiten der Streicherstimmen immer wieder vom damals weltberühmten Geigenvirtuosen Joseph Joachim (1831–1907) beraten. Dies beeinflusste auch das spieltechnisch anspruchsvolle, aber für Cellisten mit angemessenem Können dankbare Opus 99. Die Uraufführung 1886 mit dem Komponisten am Klavier fand geteilte Aufnahme, immerhin lobte die Kritik das kräftige Spiel mit hünenhafter Figur von Robert Hausmann. Unter anderen physischen Voraussetzungen kompensierte dies Sol Gabetta durch souveräne Spieltechnik. Stilgerecht bedachte der Komponist auch, dass Pizzicati auf der C-Saite mit jedem Cello viel klangvoller auszuführen sind als solche in höheren Lagen.
Das Cello ist 300 Jahre alt
Es lohnte sich ein Blick auf die Instrumente: Sol Gabetta spielte auf einem venezianischen Cello, hergestellt 1730 von Matteo Goffriller – demselben Meister übrigens, aus dessen Instrument die meisten legendären Interpretationen von Pablo Casals (1876–1973) erklangen. Die Interpretin verfügte auch über die Fähigkeit, spieltechnisch in die Eigenheiten des Cellos hineinzuwachsen. Dies ist ja der Hauptgrund für das Phänomen, dass sich 300-jährige Streichinstrumente neben modernen Ausführungen mindestens ebenbürtig behaupten können.
Anders sieht es bei den Tasteninstrumenten aus, bei denen sich durch sorgfältiges Spiel, angemessenen Unterhalt und aufwendige Revisionen bestenfalls die ursprüngliche Qualität einigermassen erhalten lässt. Der eingesetzte «Blüthgen»-Flügel stammte von 1859, also ziemlich genau aus der Zeit, als der Klavierbau im Begriff war, das heutige technische Niveau zu erreichen. Der Ton des als Hammerflügel bezeichneten Instruments war gegenüber der Moderne noch etwas dumpfer, was das klangliche Gleichgewicht zur Cellistin aber erleichterte. Keine Rolle spielte für die beiden eine etwas trockene Akustik im vollbesetzten Festsaal. Mit seiner Souveränität profitierte das Duo sogar davon, dass das Publikum jede Feinheit nach rhythmischer Gestaltung und Intonation voll nachspüren konnte.
Der Komponist als hervorragender Pianist
Einige Kontraste brachte die nach der Pause gespielte Sonate in D-Dur Opus 58 von Felix Mendelssohn Bartholdy. Im Gegensatz zu Brahms wurde die Ausgangstonart nur wenig verlassen. Auch Mendelssohn war ein hervorragender Pianist, was von Kristian Bezuidenhout erneut eine minutiöse Vorbereitung auf hohem spieltechnischem Niveau verlangte.
Im zweiten Satz erklang das Hauptthema fast immer zuerst im Klavier, und erst mit dem Seitenthema übernahm das Cello die Führung. Offensichtlich als Organist komponierte Mendelssohn die choralartige Einleitung des dritten Satzes, die vom Cello dann in schnelleren Figuren weitergeführt wurde.
Einen munteren Auftakt bildeten drei Einzelsätze (Fantasiestücke Opus 73) von Robert Schumann. Im virtuosen dritten Satz hörte man erste Ansätze zu der beim späten Schumann dann oft überdeutlichen «erzwungenen Fröhlichkeit». Den kräftigen Schlussapplaus verdankten Sol Gabetta und Kristian Bezuidenhout mit einer Chopin-Bearbeitung («Étude» Opus 25, Nr. 7). (Text: Jürg Röthlisberger)