Es sind wirklich nicht mehr viele Läden

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Die unendliche Geschichte über die unbelebte Altstadt wird um ein Kapitel ergänzt. Sogar der renommierten Galerie Gmurzynska ist es nun in den Gassen zu ruhig geworden.

  • Immer unbelebter wird die Altstadt: Nun hat sogar die Galerie Gmurzysnka die Flucht nach vorne ergriffen und sich einen Zusatzstandort gesucht. (Bild Stefan Kaiser)
    Immer unbelebter wird die Altstadt: Nun hat sogar die Galerie Gmurzysnka die Flucht nach vorne ergriffen und sich einen Zusatzstandort gesucht. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Nicht nur die Eröffnung der Ausstellung mit Werken des Weltstars Fernando Botero hat Zug aufhorchen lassen. Auch der Ort der Vernissage sorgt für reichlich Gesprächsstoff. Neuerdings zeigt die Galerie mit Weltruf nämlich auch in der Vorstadt 14 in Zug Kunst. Grund: Die dortigen Ausstellungsräume mit Quasi-Seeanstoss mietete man, um von der Öffentlichkeit wieder besser wahrgenommen zu werden.

«Es ist uns in der Altstadt definitiv zu ruhig geworden», lässt Gmurzynska-Direktor Mathias Rastorfer wissen. Die bisherige Dépendance der Galerie in der Unteren Altstadt 20, wo Gmurzynska schon seit 1993 in Zug residiert, wird zwar beibehalten. Doch das «Schaufenster» in der Vorstadt, dort, wo ständig Autos vorbeifahren und reger Beizenbetrieb herrscht, soll auch der edlen Kunst neues Leben einhauchen.

Bloss ein Steuerdomizil?

Wobei in den letzten Jahren selbst Nichtkunstkennern aufgefallen ist, dass in den verwinkelten Räumen der Galerie nicht mehr viel zu laufen scheint. Zumeist war sie geschlossen. Böse Zungen spotteten schon, dass Gmurzynska, die ja auch noch am Züricher Paradeplatz und in St. Moritz ansässig ist, Zug nur noch als wohlfeiles Steuerdomizil nütze. Der Galerie-Direktor dementiert. «Das stimmt nicht. Wir hatten allerdings ein chronisches Personalproblem, das wir nun gelöst haben.»

Doch was bedeutet dieser Galerienstandortwechsel für die leidige Diskussion um mehr Belebung der Zuger Altstadt - jener toten «Puppenstube», wie sie von Auswärtigen auch schon betitelt wurde? «Ich habe schon immer gefunden, dass dieser Galeriestandort völlig falsch ist», ist sich Roland Hengartner, Obmann der Nachbarschaft Altstadt-Obergasse, sicher. Wer wolle schon einen Botero in derart verwinkelten, kleinen Räumlichkeiten kaufen. «Eine solche Galerie braucht Lofts und grosszügige Räume.»

Anwohner wollen es nicht anders

Was eine allfällige Neubelebung der Zuger Altstadt angeht - wo ja immer noch nicht der Entscheid darüber gefällt ist, ob den lärmempfindlichen Anwohnern in der «Ankenwaage» gar eine Tapas-Bar zuzumuten ist - sieht Hengartner keinen Handlungsbedarf. «Wir Anwohner sind mit dem jetzigen Zustand zufrieden und sehen unsere Aufgabe vor allem darin, die historische Altstadt zu erhalten.» Zustände wie im Zürcher Niederdorf mit Beizen und Läden an jedem Eck wären für ihn in Zug mit der Altstadt als «Event-Kulisse» nicht vorstellbar. «Wir haben aber nichts gegen bestimmte Betriebe, und wir sind immer diskussionsbereit.»

Doch allzu viele Betriebe gibt es jetzt schon nicht mehr in der inneren Zuger Altstadt. Das verhehlt auch Rudy J. Wieser nicht - der Vorsitzende von Pro Zug. Dieser ist sogar in der Altstadt aufgewachsen. «Viele Läden sind es wirklich nicht mehr.» Wobei der Funktionär des Zuger Gewerbes weitere Gründe für das fehlende Leben sieht. So verhindere der Denkmalschutz indirekt erfolgreiche Läden, indem er es verbiete, die kleinräumigen Erdgeschosse der Altstadthäuser zu rentablen Ladenflächen zusammenzulegen. «Auch sind die Gassen der Zuger Altstadt viel zu eng für einen lebendigen gastronomischen Betrieb - und man würde dabei die meiste Zeit sowieso im Schatten sitzen.»

Ein Laden als «Kulturbeitrag»

Also herrscht in der Altstadt weiter Grabesstille, und wird es nun noch ruhiger? «Es geht in diese Richtung», sagt Jacqueline Amrhein von der «Wunderbox» und gleichzeitig zuständig für die IG Zuger Altstadt von Pro Zug, der Dachorganisation Zuger Geschäfte. Sie arbeitet schon fast aus purem Altruismus. Für mehr oder weniger Gotteslohn. «Ich leiste halt für die Stadt Zug quasi einen Kulturbeitrag, indem ich nur 700 Franken pro Monat mit meinem Laden verdiene - den Rest meines hier nicht zu verdienenden Salärs spende ich der Stadt», sagt sie mit einem ironischen Unterton.

Von der Altstadt allein könnten Jacqueline Amrhein und andere definitiv nicht leben. Dort gibt es noch rund 20 Gewerbetreibende. «Immer wieder aber gehen Läden raus -, weil es hier einfach zu wenig Kunden für kleine Geschäfte gibt und weil die Mieten zu hoch sind.» Wenn jetzt auch schon Galerien aus der Altstadt auswanderten, sei dies wirklich nicht gut. Sie wünscht sich deshalb mehr Leben in den historischen Gemäuern. «Sonst muss ich meinen Laden auch noch irgendwann schliessen.» (Wolfgang Holz)