Glanzvolle Eröffnung im Chamer Lorzensaal
Musik
Die Abokonzerte der Zuger Sinfonietta begannen mit hervorragend interpretierter französischer Musik – und einer neuen Dirigentin.
Cham – Im Chamer Lorzensaal erfolgte der Einstieg in die Abokonzerte der Zuger Sinfonietta. Das wie gewohnt zahlreiche Publikum erlebte drei stimmungsvoll vorgetragene Werke von Maurice Ravel, Camille Saint-Saëns und Georges Bizet. Einziger Negativpunkt war der gesundheitliche Ausfall des seit 2016 amtierenden Dirigenten Daniel Huppert.
In nur zehn Tagen gelang es aber, mit der Deutschen Johanna Malangré einen angemessenen Ersatz zu engagieren. Die neue Dirigentin fand sofort den Kontakt mit dem Orchester. Sie wirkte mit den nicht von ihr ausgesuchten Werken voll vertraut und sie führte auch stets auf dem richtigen Weg zwischen energischem Zupacken und mehr behutsamer Orchesterleitung.
Die für das Publikum eindrücklichste Leistung erbrachte aber doch die als Gastsolistin beigezogene Pianistin Marie-Ange Nguci mit dem Klavierkonzert, Opus 22 in g-Moll, von Camille Saint-Saëns. Auf Inspiration des damaligen russischen Meisterpianisten Anton Rubinstein (1829–1894) entstand das Werk 1868 in nur siebzehn Tagen. In dieser kurzen Zeit gelang eine formal abgerundete Komposition, welche die musikalische Substanz ganz klar in den spieltechnisch überaus anspruchsvollen Part des Solisten konzentrierte.
Uraufführung war ein Misserfolg
Mit kräftigem Anschlag auf dem opulent klangvollen Steinway-Flügel blieb die Solistin den spieltechnischen und musikalischen Tücken nichts schuldig. Transparent erschienen die kadenzmässig auskomponierten, kaum begleiteten zahlreichen Zwischenspiele. «Pour moi, l’art c’est la forme» (Kunst ist Form), soll der Komponist ausgerufen haben. Dies galt auch für ungewohnte Elemente, wie das Fehlen der für Instrumentalkonzerte traditionellen Orchestereinleitung und den Auftakt des dritten Satzes mit Solopart und gleichzeitigem Paukenwirbel. Übrigens war die Uraufführung am 13. Mai 1868 anscheinend ein Misserfolg, weil es der Komponist nicht schaffte, neben der Niederschrift des für ihn selbst zugedachten Notentextes diesen gleichzeitig noch spieltechnisch ausreichend einzuüben.
Während die Dirigentin beim Klavierkonzert auch optisch eher im Hintergrund stand, kamen ihre Qualitäten mit den beiden flankierenden Orchesterwerken voll zur Geltung. Maurice Ravel bewegte sich sehr frei im Bereich der französischen Romantik. «Le Tombeau de Couperin» erinnerte nur historisch an den längst verstorbenen François Couperin (1668–1733); es ging Ravel vielmehr um das Gedenken an ihm persönlich bekannte Musiker, die im Ersten Weltkrieg ums Leben gekommen waren. In meist lebhaften Tempi erschien der Form nach eine auf vier Sätze verkürzte Form der barocken Tanzsuite. Da der Komponist selbst auch Kriegsdienst leistete, verzögerte sich die Fertigstellung, und die Uraufführung erfolgte erst am 28. Februar 1920.
Ernest Giraud hat seinen Anteil am Erfolg
Nach den anspruchsvollen Hörerlebnissen des ersten Teils genoss das Publikum nach der Pause leichter nachvollziehbare Melodien. Georges Bizet (1838–1875) komponierte die heute weltbekannte Oper «Carmen» kurz vor seinem Tod, erlebte aber deren Siegeszug nicht mehr. Viel zur Bekanntheit beigetragen hat auch die Arbeit des sonst heute weitgehend vergessenen Komponisten Ernest Giraud (1837–1892). Er formte – ziemlich unabhängig von der verwirrenden Handlung des Originals – aus der Bühnenmusik zwei Orchestersuiten mit stilsicherer Fokussierung auf die gängigsten Themen, die auch dem Chamer Publikum ausgezeichnet gefielen.
Während sich Ravel vor allem auf die Holzbläser konzentrierte, kamen jetzt noch eine grössere Zahl von Blechbläsern und eine erweiterte Perkussion dazu. Dies führte auch vom Gesamtklang her zu einem angemessenen Abschluss. (Text: Jürg Röthlisberger)