Die «Athene» - ein Mahnmal?
Dies & Das
Der klassizistische «Schulpalast» an der Hofstrasse wäre um ein Haar der Bauwut der 80er-Jahre zum Opfer gefallen. Das Haus symbolisiert den Sinn der Zuger für den Erhalt schützenswerter Architektur.
Zug – Sogar die Bushaltestelle heisst «Athene», benannt nach dem gleichnamigen Hauptgebäude der heutigen Fachmittelschule an der Hofstrasse. 1870 wurde das neoklassizistische Bauwerk als Zentrum eines palastartigen Schulhauskomplexes eröffnet - Initiant war Johann Baptist Staub (1833-1879) gewesen, vormaliger Leiter des Handels-Instituts in Menzingen. «Athene» passt bis zum heutigen Tage bestens zu diesem anmutigen Haus, das sich in stilistischer Hinsicht der antiken griechischen Architektur verpflichtet, was dem Geiste des Klassizismus entspricht.
Dass die «Athene» noch heute stolz und erhaben über dem Zugersee thront, ist ein Glücksfall. Die Entwicklung innerhalb der aufstrebenden Zuger Wirtschaft Mitte der 80er-Jahre drohte, dem Gebäude zum Verhängnis zu werden. Es wurde als nicht erhaltungswürdig eingestuft, für unzeitgemäss und in seinem Bestimmungszweck als nicht mehr ausreichend befunden. Zug wähnte sich damals in einer regelrechten Zerstörungsphase, was alte Architektur betraf. Mehrere Prachtbauten in der Stadt mussten weichen, der Sinn für die Ästhetik historischer Zeitzeugen schien auf den schieren Nullpunkt gesunken zu sein, Profit und Nutzen hatten den höheren Stellenwert in einer Zeit des Aufstrebens. Auch die alte Lorzentobelbrücke sollte aus der Welt geschafft werden. Doch hier sprang ein engagiertes Initiativkomitee im letzten Moment in die Bresche, wie der ehemalige Zuger Denkmalpfleger Heinz Horat in einem aufschlussreichen Neujahrsblatt-Beitrag schildert. Unterschriften wurden gesammelt, und siehe da: Das Volk wollte die altehrwürdige Brücke erhalten.
Und genau zu dieser Zeit entstand auch die Diskussion um den Abbruch der «Athene». Wie gut, war durch die Initiative zur Lorzentobelbrücke bereits ein wichtiges Zeichen gesetzt worden. Es war auch der denkbar beste Zeitpunkt für den ausführlichen und würdigenden Artikel zum Schulgebäude, verfasst von Othmar Birkner im Neujahrsblatt von 1987. Der renommierte Wiener Heimatforscher betonte darin den architektonischen und historischen Wert der «Athene». Aus dem Kantonsrat formte sich ein Komitee, das sich für den Erhalt des klassizistischen Gebäudes an der Hofstrasse einsetzte. Im März 1989 sprach das Volk erneut eine deutliche Sprache: Die «Athene» bleibt stehen. Was für eine Freude! Wie ein stummer Zeuge - vielleicht gar mahnend - demonstriert das Haus auch heute noch, dass in den Zugern sehr wohl der Sinn für die Erhaltung von Erhaltenswertem steckt. (Andreas Faessler)
HINWEISMit «Hingeschaut!» gehen wir wöchentlich mehr oder weniger auffälligen Details mit kulturellem Hintergrund im Kanton Zug nach.