Gehr-Malereien im besten Licht

Kunst & Baukultur

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Ein neues Beleuchtungskonzept in der Zuger Pfarrkirche St.Johannes löst eine unvorteilhafte Lichtschiene ab. Endlich kann sich eines von Ferdinand Gehrs Hauptwerken in seiner Wirkung voll entfalten.

  • Modernste LED-Lampen werfen sanftes Licht auf die Gehr-Bilder in der Johanneskirche. Die Struktur des Betons rückt jetzt stark in den Hintergrund. Die bisherige Lichtschiene ist hier noch zu sehen. Bild: Michael Josef Heusi
    Modernste LED-Lampen werfen sanftes Licht auf die Gehr-Bilder in der Johanneskirche. Die Struktur des Betons rückt jetzt stark in den Hintergrund. Die bisherige Lichtschiene ist hier noch zu sehen. Bild: Michael Josef Heusi

Zug – In Zug hat der bekannte Schweizer Maler Ferdinand Gehr (1896–1996) gleich zwei seiner Hauptwerke im öffentlichen Raum hinterlassen. Neben den Fresken in der Pfarrkirche Bruder Klaus von 1957 sind es die grossflächigen Wandmalereien in der Pfarrkirche St. Johannes in der Herti von 1971. Es handelt sich um einen abstrahiert-symbolhaften, das Thema der Dreifaltigkeit aufgreifenden Bilderzyklus.

Doch lichttechnisch war Gehrs Werk in der Herti bisher nachteilig in Szene gesetzt. «Dessen ist man sich in der Kirchgemeinde bewusst geworden», sagt Elisabeth Feiler-Sturm, Kuratorin für Kunst- und Kulturgüter bei der Katholischen Kirche Stadt Zug. Nach Zustimmung der Kirchgemeindeversammlung hatte man ein auf Tages- und Kunstlichtplanung spezialisiertes Fachunternehmen beauftragt, ein neues Beleuchtungskonzept für die Wandmalereien in der Johanneskirche zu erarbeiten.

Gefunden hat man die nötigen Kompetenzen bei Michael Josef Heusi und seinem Team. Die Firma Michael Josef Heusi GmbH mit Sitz in Zürich hat im Raum Zug bereits wiederholt Aufträge ausgeführt, darunter das Beleuchtungskonzept für die Ausstellungsräume des Kunsthauses Zug, für die Bibliothek oder fürs neue Stadthaus.

Wandstruktur störte die Wirkung

Geschäftsführer Michael Josef Heusi erklärt die Nachteile der bisherigen Beleuchtung der Gehr-Bilder in der Herti: «Sie bestand aus einem einfachen LED-Profil, welche direkt über den Wandmalereien am Übergang zur Decke angebracht war – das gerichtete Licht fiel somit von oben her senkrecht über die Wand ohne jegliche räumliche Distanz zu dieser.» Das habe einen suboptimalen Effekt zur Folge gehabt: «Da die Sichtbetonwände von oben bis unten durch den Abdruck der horizontalen Brettschalung gegliedert sind, war durch das senkrecht herabstrahlende Licht vor allem die Struktur der Wand in Szene gesetzt und nicht die Malerei.»

Um das bestmögliche Konzept zu erarbeiten, fand eine erste Arbeitssitzung gemeinsam mit Ferdinand Gehrs Tochter Franziska und dem Sohn eines der Architekten, Alphons Wiederkehr, statt. Von Franziska Gehr stammen die vier grossen Wandteppiche in der Kirche, die sie nach Entwürfen ihres Vaters angefertigt hat. Die Gehr-Tochter ist mit dem Oeuvre ihres Vaters tief vertraut und war dem ganzen Team beim Entwicklungsprozess eine wertvolle Stütze. «Ebenso war der Austausch mit dem Architekten wichtig, um den gedanklichen Hintergrund der Architektur vollends zu erfassen», erklärt Heusi. «Denn für die Lichtgestaltung in einem sakralen Raum ist es zentral, zu verstehen, welche Atmosphäre geschaffen werden muss, damit sich die Wirkung von Kunstwerken voll entfalten kann.»

Hochwertige Leuchtstelen

Eine besondere Herausforderung war die Suche nach der idealen Platzierung der Leuchtkörper mit modernster LED-Technik. Man fand die Lösung in hohen, schlanken Stelen aus Schwarzstahl, deren Verankerung sich unter der sichtbaren Pflästerung des Kirchenbodens befindet. Das Besondere an diesen Objekten: Es sind nicht etwa serielle Modelle ab Stange, sondern sie wurden eigens für diesen Ort in der Kunstschlosserei von Werner Villiger in Bünzen angefertigt – aus je drei zusammengefügten Flachstahlen, nicht verschraubt, sondern nach alter Technik vernietet. Somit erheben die Stelen einen künstlerischen Anspruch, wodurch sie zum einen als Lichtquelle den Wandgemälden gerecht werden und zum anderen farblich und in der Formgebung einen Bezug zu den Einrichtungselementen wie Tabernakel, Volksaltar oder Osterleuchter herstellen.

Bei einem Augenschein vor Ort vor wenigen Tagen war Michael Josef Heusi mit seinem Team dabei, die letzten Optimierungen an der neuen Beleuchtung vorzunehmen. Die Lichtkegel müssen exakt fallen, und die variable Beleuchtungsstärke der LED soll zu jeder Tageszeit die beste Wirkung der kostbaren Malereien erzielen.

Das Resultat der neuen Lichtinstallationen überzeugt jedoch bereits vor den letzten Anpassungen. Elisabeth Feiler-Sturm ist begeistert, ja ergriffen: «Jetzt können wir die Malereien in ihrer vollen Schönheit bewundern, ohne die unangenehme Zergliederung, die durch die Überbetonung der Betonstruktur verursacht wurde. Und die Stelen als Objekte sind eine Bereicherung für den Kirchenraum.» Auch Michael Josef Heusi ist zufrieden: «Erst recht freut es mich und mein Team, eine so glückliche Bauherrschaft zu erleben.» (Text von Andreas Faessler)