Baarer realisiert im Theater Kindheitstraum

Theater & Tanz

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Als 13-Jähriger hatte er sein Ziel verkündet – nun ist der 26-jährige Bastian Inglin ab August Ensemblemitglied des Luzerner Theaters.

  • Der gebürtige Baarer Bastian Inglin ist neues Mitglied des Theaters Luzern. Noch weilt er in Rostock. Bild: Erik Gross
    Der gebürtige Baarer Bastian Inglin ist neues Mitglied des Theaters Luzern. Noch weilt er in Rostock. Bild: Erik Gross

Baar – «Misstraut all jenen, die vorgeben zu wissen, wie man es macht. Wenn man den Willen aufbringt, dann findet man auch einen Weg, sein Vorhaben zu realisieren.» Was als generelles Motto für ein selbstbestimmtes Leben gelten könnte, ist schlicht die Antwort eines jungen Mannes, der sein Kindheitsziel mit 26 Jahren erreicht hat: So muss man es anpacken, wenn man Schauspieler werden und eine Festanstellung in einem renommierten Ensemble erreichen will.

Bastian Inglin, aufgewachsen in Baar, hat geschafft, wovon so viele träumen. Die Website des Luzerner Theaters beweist es: Unter den zehn Mitgliedern des Schauspielensembles 2024/25 erscheint alphabetisch an sechster Stelle sein Name. Wie passend auch das Motto der Spielzeit: «Von hier aus». Denn von hier aus, der unmittelbaren Nähe seiner Heimat Baar, wird nun bald der Polizist Tschanz in Dürrenmatts «Der Richter und sein Henker» in den Einsatz geschickt. Richtig erraten, gespielt von Inglin.

Von Rostock nach Luzern

Ob er schon des Henkers Weg rekognosziert habe, um sich voll in die Rolle einfühlen zu können, verneint Inglin lachend, denn noch weile er in Rostock. Sein An- und Auftritt in Luzern erfolge im August. Konkret ist schon sein Wohnprojekt in der Leuchtenstadt: «Zusammen mit meinen Geschwistern gründen wir eine Künstler- respektive Künstlerinnen-WG», freut sich der Baarer über sein neues «Hier».

Natürlich finde auch in diesem Beruf auf den Brettern, die die Welt bedeuten, eine Entzauberung statt, wie überall. Auch hier stelle sich manchmal Frustration ein, auch hier sei man mit der harten Realität und Existenzängsten konfrontiert. Nichtsdestotrotz sei es ein wunderschöner Beruf, der die Mühen und den oft steinigen Weg lohne. So berichtet er noch ganz erfüllt vom tosenden Applaus und von der Party anlässlich seines Abschiedes vom Theater Rostock, bevor es dann heisst: Norden ade! «Ich freue mich auf Luzern, hier fühle ich mich lokal verbunden, es ist einfach toll, zurückzugehen in die alte Heimat», so der junge Shootingstar.

Augen zu und durch

Ob das Gerücht stimme, dass er schon als ganz junger Teenager verkündet habe, er werde einmal Schauspieler? Inglin schmunzelt: «Ja, das stimmt schon, mit 13 war der Plan gefestigt.» Kein Wunder, schliesslich komme er aus einer musikalischen Familie, das Auftreten und Performen sei ihm quasi in die Wiege gelegt worden. Doch auch bei ihm gilt, was schon die alten Römer so trefflich formulierten: per as­pera ad astra, durch die Mühen des Alltags zu den Sternen. Denn effektiv hatte er es mit der gymnasialen Bildung nicht so ganz, er brach ab, um sich dann durch das KV zu quälen.

«Augen zu und durch» sei sein Motto gewesen; Erfüllung habe er dann wieder erleben dürfen im Zivildienst, in einer Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigung. Und bei seinen künstlerischen Ambitionen und Betätigungen. So begründete er die Zuger Improvisationstheatergruppe «ab und zufällig» mit, war Schlagzeuger in mehreren Bands und sang auch gerne. Auf der Bühne zu performen, habe ihm schon früh gefallen, da trenne er nicht zwischen den Genres, so habe er dann später auch in seiner Diplomarbeit eine Quintessenz beider Felder gesucht.

Der Titel der Arbeit beweist es: «Die Suche nach rhythmischem und musikalischem Zugriff auf die schauspielerische Arbeit oder eine Annäherung an Interdisziplinarität». Die genannte Diplomarbeit reichte er an seiner schauspielerischen Alma Mater ein, der Schauspielschule in Rostock. Dort hatte er es als Zwanzigjähriger geschafft, angenommen zu werden. Und schon im zweiten Studienjahr der vierjährigen Ausbildung war man auf sein Talent aufmerksam geworden. Er wurde vom dortigen Volkstheater angefragt, ob er nicht Andri in Frischs «Andorra» spielen und Teil des Ensembles werden wolle.

Und wie er wollte. Die Rolle des Andri fand er interessant, gerade wegen seiner Zeitlosigkeit. «Ausgrenzung und Zuschreibungen sind keine gute Idee, das kann nur schlecht enden, wenn man nicht offen miteinander umgeht, nicht alle Menschen zu integrieren versucht», sagt Inglin aus dem fernen Rostock mit Blick auf die kürzlichen Wahlergebnisse vor Ort. Klar sei «Andorra» nicht das beste Stück von Max Frisch, da relativ einfach gestrickt, ein Lehrstück halt, in welchem die Moral mit dem Hammer daherkomme.

Spannender findet Inglin Stücke, die Fragen stellen, die Themen aufgreifen, ohne vorschnelle Antworten zu liefern. Der Baarer, der noch während seiner Ausbildung den Studienpreis des Migros-Kulturprozents gewann, wird einem Publikum über Luzern hinaus bald auch bekannt sein als Rollenträger in Produktionen vom SRF. (Text von Thomas Schaffner)