Zeugnis aus einer wirren Zeit

Brauchtum & Geschichte

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An einem Ausgang des Chamer Klosters Frauenthal steht ein grosses Wegkreuz aus Sandstein. Eine ehemalige Äbtissin liess es im Jahr 1717 errichten – ein Krieg war wohl der Grund dafür.

  • Dieses besondere Wegkreuz beim Kloster Frauenthal in Cham hat eine bewegte Geschichte.
    Dieses besondere Wegkreuz beim Kloster Frauenthal in Cham hat eine bewegte Geschichte.

Cham – Zu Beginn des 18. Jahrhunderts nahmen die Spannungen zwischen den katholischen und reformierten Orten innerhalb der schweizerischen Eidgenossenschaft zum wiederholten Mal stark zu. Ein Untertanenaufstand von mehrheitlich reformierten Toggenburgern gegen ihren Herrn, den katholischen Fürstabt von St. Gallen, war 1712 einer der Auslöser für den Zweiten Villmergerkrieg, wie das Historische Lexikon der Schweiz informiert. Ein Waffengang, welcher für das Kloster Frauenthal in Cham einschneidende Folgen hatte und wohl auch der Grund dafür war, dass auf dem Gelände 1717 ein grosses Sandsteinkreuz errichtet wurde.

Schon beim Ersten Villmergerkrieg (1656) spielten Glaubensgegensätze eine entscheidende Rolle. Die reformierten Stände machten – wie später beim Zweiten Villmergerkrieg – geltend, dass sie von katholischer Seite schlecht behandelt würden. Diese Vormachtstellung wollten die reformierten Stände der Eidgenossenschaft endlich brechen und riskierten einen Bürgerkrieg.

1656 verloren die Reformierten gegen die katholischen Zentralschweizer. Beim zweiten Aufeinandertreffen 56 Jahre später gab es dann einen Sieg der reformierten Stände (Zürich, Bern). Der Zweite Villmergerkrieg im Jahr 1712 hatte für das Kloster Frauenthal materiell schlimme Folgen, wie dem Buch «750 Jahre Kloster Frauenthal» zu entnehmen ist. Die Nonnen des Zisterzienserinnenklosters und ihre Äbtissin Maria Verena Mattmann (1650–1726) wechselten auf Geheiss des Zuger Stadtrats im April 1712 temporär ihren Wohnsitz vom Kloster Frauenthal nach Zug. Quartier bezogen sie in einem Nebengebäude des Zurlaubenhofs.

Das Kloster Frauenthal nutzten daraufhin katholische Truppen als Heerlager. Nach der Niederlage der Katholiken auf dem Schlachtfeld in Villmergen – im heutigen Kanton Aargau gelegen – benutzten dann ungebe­tene Gäste die Klosteranlage. Sie befanden sich auf dem Heimweg vom Schlachtplatz Villmergen nach Zürich. Eine Quelle schreibt, dass die Soldaten zwei Wochen die Klosteranlage verheerten. Eine andere nennt als Zahl drei Wochen. Nach der Schlacht, die am 25. Juli 1712 stattfand, erschienen die temporären Klosterbesetzer noch gleichentags im Kloster Frauenthal. Die Zürcher mussten einen Gewaltmarsch hingelegt haben.

Zerstörung und Plünderung

Wie auf der Internet-Plattform «Champedia.ch» steht, haben die Zürcher Soldaten bei ihrem Abzug aus dem Zuger Kloster vieles mitlaufen lassen: Ochsen, Pferde, Karren, Wagen, Pflüge, Werkzeuge, Dörrfleisch und weitere Esswaren. Darüber hinaus setzten sie zwei Lehenshöfe der Klostergemeinschaft in Brand. Die Zürcher Truppen dürften auch die Infrastruktur des Frauenklosters schwer beschädigt haben. Eugen Gruber schreibt in seinem Buch «Geschichte von Frauenthal» aus dem Jahr 1966, dass Äbtissin Maria Verena Mattmann und ihr Konvent das Kloster neu aufbauen mussten.

Das besagte Kreuz stand einst an den Wegen, welche zum Hof Hublezen respektive zum Hof Hatwil führen. In dieser Gegend der Gemeinde Cham wollte der Kanton Zug noch vor kurzem Kies abbauen. Die 2018 präsentierten Pläne wollte der Chamer Gemeinderat nicht realisiert sehen und gelangte ans Bundesgericht. Dieses gab der Beschwerde der Ennetseer im Februar 2022 recht. Kiesabbau ist dort aktuell und auch in Zukunft nicht möglich.

Somit dürfte es auf dem Gelände des Klosters Frauenthal so ruhig bleiben wie aktuell. Das massive Sandsteinkreuz kann deshalb weiterhin in aller Ruhe angeschaut werden. Das lohnt sich, denn es ist mit vielen Symbolen befrachtet. Auf einer Höhe von rund 4 Metern ist ein sechszackiger Stern zu sehen. Etwas weiter unten findet sich das Zeichen für Jesus. Die Enden des Querbalkens tragen links die Sonne und rechts den Mond. Dies ist das Sinnbild für die Schöpfung. Weltlichen Ursprungs sind die drei Wappen auf halber Höhe des Längsbalkens. In der oberen Reihe befinden sich zwei Wappen. Das linke Wappen ist dem Kloster Cîteaux zugeordnet. Dieses liegt südlich von Dijon (Frankreich). Es ist das Mutterkloster des Zisterzienserordens und wurde 1098 gegründet.

Rechts davon findet sich das Wappen der Herren von Eschenbach. Es zeigt ein Kreuz. In der Heraldik gibt es rund 200 verschiedene Kreuzformen. Die Eschenbachs waren im 12. und 13. Jahrhundert im Albisgebiet beheimatet. Das dritte Wappen auf dem Wegkreuz ist dasjenige der Äbtissin Maria Verena Mattmann. Ein wesentlicher Teil des Wappens entspricht demjenigen der Mattmanns aus Buttisholz (Luzern). Ein zusätzliches «M» macht den Unterschied.

Auf dem Sockel befindet sich der jüngste Teil des Wegkreuzes. Es handelt sich um das Wappen der im Jahr 1980 verstorbenen Äbtissin Maria Dolorosa Willimann. Das christliche Wegkreuz befindet sich – als eines von deren vier auf dem Klostergelände – nicht mehr am ursprünglichen Ort. Es ist etwas näher an die Lorze respektive ans Kloster Frauenthal gerückt worden. (Text von Marco Morosoli)