Ewige Ruhe im Zeichen des Apfels
Kunst & Baukultur
2010 hat die Stadt Zug auf dem Friedhof St. Michael ein einheitliches Kindergrabmal angelegt. Wasser, Stein und die Symbolik des beliebtesten Kernobstgewächses sind zentrale Elemente des harmonischen Gesamtkonzepts.
Zug – Der Friedhof St. Michael in Zug ist ein anschauliches Beispiel für einen Gottesacker, welcher im Laufe der Jahrzehnte den sich ändernden Bedürfnissen stets angepasst worden ist. Dabei legte man jeweils grossen Wert auf die Balance zwischen Modernisierung und Bewahrung des erhaltenswürdigen Bestandes.
Zu den bedeutendsten Massnahmen der letzten Jahre, den Zeichen der Zeit zu begegnen, ist die Neuanlage eines modernen Kindergrabmales. 2009 war die Stadt Zug zum Schluss gekommen, dass die allgemeine Situation beim bisherigen Kindergräberfeld unmittelbar neben der Abdankungshalle eine unbefriedigende geworden sei, vor allem weil die einzelnen Gräber uneinheitlich instand gehalten waren. So suchte die Stadt innerhalb des Friedhofs eine geeignete Stelle für eine neue, moderne Kindergrabanlage.
Der Entscheid fiel auf eine freie Wiesenfläche mit angrenzendem Strauch- und Baumbestand im oberen Teil des Friedhofsgeländes, unmittelbar unterhalb des Abort- und Servicehäuschens an der Mauer zum Rägetenweg hin. Der Stadtrat vergab daraufhin einen Studienauftrag an drei Landschaftsarchitekturbüros. Der Entscheid fiel einstimmig aus für das Projekt «Malus» des Zürcher Landschaftsarchitekten Andreas Tremp, welcher für die künstlerische Gestaltung den Obwaldner Bildhauer Kurt Sigrist herangezogen hatte. Dem Stadtrat gefielen besonders die «harmonische Anordnung» der Grabstätte, die Symbolik sowie der sorgfältige Umgang mit den örtlichen Begebenheiten und der Topografie. Es war überdies nicht Tremps erster Auftrag für den Friedhof in Zug – das Gemeinschaftsgrab und der Urnenhain gehen ebenfalls auf ihn zurück.
«Malus» ist der botanische Fachbegriff für Apfel, der im ideellen Gesamtkonzept des Grabes eine zentrale Rolle spielt. Zunächst jedoch prägt ein ovaler Teich das Erscheinungsbild des 2010 geweihten Zuger Kindergrabes.
Ein Symbol aus Märchen und Mythen
Es ist ein Bassin, umfasst von einem Eisenband, das bis zu 30 Zentimeter über die Wiesenfläche herausragt. Das Oval ist mit massiven polygonalen Platten aus rötlichem Stein ausgelegt. Die Zwischenräume bilden ein unregelmässiges, netzartiges Muster. Ein schmaler Weg aus hellen Granitplatten umfasst das Oval im Abstand von etwa eineinhalb Metern zu diesem. Das Rasenband dazwischen ist für die Grabstellen vorgesehen.
Und hier kommt die Bedeutung des Apfels ins Spiel. Die Idee entlehnten Tremp und Sigrist der Welt der Märchen und Mythen, wo der Apfel «mit seinem süssen Fruchtfleisch und dem blausäurehaltigen, bitteren Kern» als Symbol von Leben und Tod in Erscheinung tritt, wie sie es im Konzept formulieren. Jedes Kindergrab soll mit einem Zierapfelbäumchen nach Wahl bepflanzt werden, das im Laufe der Ruhefrist regelmässig blüht, Früchte trägt und so Gedenken und Trauerarbeit der Angehörigen begleitet.
Mit den Jahren soll so nach und nach eine Art Baumskulptur aus bis zu mehreren Metern hohen Bäumen entstehen, die sich wachsend um das Becken reiht und sich in der Wasseroberfläche reflektiert. Das bestehende Oval ist vorerst für 23 Grabstätten ausgelegt und kann bei Bedarf um einen Eisenring zu einer Kapazität von 30 Grabstellen erweitert werden.
Derzeit säumen etwa zehn Kindergrabstellen das Wasserbassin zur Friedhofsmauer hin. Einige mit Kreuzen, einige mit Sternsymbolen und anderen liebevoll gestalteten Reminiszenzen an das jeweils viel zu früh erloschene Leben. Die einzelnen Bäumchen sind unterschiedlich weit im Wachstum. Noch sind sie kahl, doch schon bald werden sie Blüten tragen. (Text: Andreas Faessler)