Feuerteufel mit hehren Absichten
Brauchtum & Geschichte
Ein interessantes Detail auf einem Altargemälde der Chamer Pfarrkirche fällt erst bei genauerem Hinsehen ins Auge. Wenn es auch eine «Randerscheinung» ist, steckt es dennoch voller Symbolik.
Cham – Was macht dieses Hündchen da zu Füssen des Heiligen? Will es ihn anzünden? Oder gleich den gesamten himmlischen Akt in Flammen setzen? Denn so hastig und aus voller Bewegung heraus das Tier am unteren Rand der Szene eine lodernde Fackel in Richtung Kleid des Mannes führt, möchte man Böses vermuten. Der zündelnde Hund ist ein eher unauffälliges Detail innerhalb der Gesamtdarstellung.
Wir blicken auf das Hauptblatt des Rosenkranzaltares in der Pfarrkirche St. Jakob. Es ist dies der linke der beiden Seitenaltäre rechts vom Chor. Das Gemälde zeigt die Verleihung des Rosenkranzes an die Heiligen Dominikus und Katharina von Siena. Begleitet von einer Engelsgruppe erscheint die Madonna als Rosenkranzkönigin mit Jesuskind auf einem Wolkengebilde und reicht den beiden Heiligen die Gebetsschnur hinab.
Das Abgebildete gilt als Schlüsselszene für die heute noch von vielen Menschen gepflegte Rosenkranztradition und geht auf eine Legende des Dominikanermönches Alanus de Rupe (1428–1474) zurück, wonach die Muttergottes persönlich dem Ordensgründer der Dominikaner den Rosenkranz übergeben hat.
Das Motiv des Rosenkranzempfangs durch Dominikus ist von mehreren einflussreichen Künstlern aufgegriffen worden. Als eine der bekanntesten Umsetzungen gilt diejenige von Guido Reni, welche sich im Santuario della Madonna di S. Luca in Bologna befindet. Auch Caravaggio hat das Thema umgesetzt. Er stellt Dominikus dar, wie er unter Anwesenheit der Muttergottes Rosenkränze ans Volk vergibt.
In zahlreichen künstlerischen Interpretationen ist dem himmlischen Akt die heilige Katharina von Siena zur Seite gestellt. Die Kirchenlehrerin und Mystikerin hatte der Überlieferung nach eine Vision des heiligen Dominikus. Der weisse Blütenzweig, welcher in unserem Gemälde von einem Engel im Hintergrund zwischen den beiden Heiligen gehalten wird, steht symbolisch für die Rosenkranzgebete.
Hüter des «rechten Glaubens»
So weit der zentrale Bildinhalt. Aber was führt jetzt der schelmische Hund da mit der brennenden Fackel im Schilde? Er tritt nämlich öfter auf Gemälden dieses Motives irgendwo in Erscheinung. Das Tier steht in direktem Zusammenhang mit dem Auftrag der Dominikaner: Häresie und Ketzerei aufzudecken. Dies brachte den Ordensleuten bereits früh den Beinamen «domini canes» – (Spür-)Hunde des Herrn. Die Kunstwelt hat dies allegorisch übertragen und darstellend verarbeitet.
In der Folge ist es naheliegend, dass es auch mit der brennenden Fackel nichts «Unheiliges» auf sich hat, denn erst bei genauerem Hinsehen ist zu erkennen, dass der Hund die Flamme mit einer nicht vollständig zu sehenden Kugel in Berührung bringt, welche sich farblich nur geringfügig vom Hintergrund abhebt. Die Kugel symbolisiert die Erde. Der Hund als Stellvertreter für die Dominikaner erfüllt eine weitere Mission des Ordens: das «Feuer des Glaubens» auf der ganzen Welt zu verbreiten. Die gesamte Szene steckt somit bis in die Details voller Symbolik.
Das eindrucks- und qualitätvolle Gemälde in der Chamer Pfarrkirche stammt vom Kirchenmaler Josef Anton Mesmer (1747–1827) aus Hohentengen am Rhein. Er hat es 1791 geschaffen und signiert. Mesmers Werke finden sich in zahlreichen Kirchen des Spätbarock in der Zentralschweiz. (Text von Andreas Faessler)