«Das perfekte Violinkonzert»

Musik

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Der Schweizer Geigensolist Sebastian Bohren hat die London Mozart Players in die Schweiz geholt. Ihr erster gemeinsamer Auftritt in Zug mit einem sorgfältig zusammengestellten Programm war eine echte Sternstunde.

  • Harmonieren perfekt: Geigensolist Sebastian Bohren und die London Mozart Players unter der Leitung von Jonathan Bloxham. Bild: Stefan Kaiser (Zug, 2.4.2025)
    Harmonieren perfekt: Geigensolist Sebastian Bohren und die London Mozart Players unter der Leitung von Jonathan Bloxham. Bild: Stefan Kaiser (Zug, 2.4.2025)

Zug – Schweizer Premiere für die London Mozart Players – am Mittwoch in Zug. Es war eine wahre Klassik-Sternstunde mit einem der bekanntesten Kammerorchester Grossbritanniens. Dass das 21-köpfige, von Jonathan Bloxham geleitete Ensemble in die Schweiz gekommen ist, geht auf die Initiative des Hauptsolisten dieses Abends zurück: Der 37-jährige Schweizer Geigenvirtuose Sebastian Bohren ist nicht nur bekannt durch seine beachteten Auftritte, Einspielungen und Kooperationen mit namhaften Orchestern, sondern seit jüngerer Zeit auch als Organisator und Intendant des Brugg Festivals. Bereits mehrfach ausgezeichnet, ist der gebürtige Winterthurer als hochversierter Solist mit grosser stilistischer Bandbreite und als wahrer Meister nuancierter Phrasierungen einem internationalen Publikum bekannt.

Das Publikum am Mittwochabend im Theater Casino Zug war nicht so zahlreich, wie es ein Anlass dieser Güte verdienen würde, doch wer gekommen war, wusste sehr wohl, was er erwarten durfte. Das Programm war sorgfältig zusammengestellt, um einerseits Herkunft und Identität des Ensembles zu unterstreichen und andererseits, um für den Solisten ein Setting zu schaffen, damit er seine Fertigkeiten in möglichst voller Breite ausspielen kann.

Mozart in Reinform und ein Lerchenflug

Seinen ersten Auftritt hatte er mit dem Mozart-Violinkonzert Nr. 3 G-Dur KV 216. Es ist das «mozarteskeste» der insgesamt fünf Geigenkonzerte, gilt zugleich als eines der ganz grossen Meisterwerke der Klassik überhaupt und fordert Orchester und den Solisten musikalisch genauso wie technisch. Sebastian Bohren selbst sagt: «Es ist das beste und vollkommenste Violinkonzert Mozarts – schlicht perfekt.» Selbstredend, dass Bohren seinen Part mit entsprechender Leidenschaft, Hingabe und – ja – technischer Perfektion spielte. Im Dialog mit dem Ensemble so rein und punktgenau abgestimmt, als hätte er schon immer mit den London Mozart Players konzertiert. Auch das bemerkenswerte, langgezogene Geigensolo im ersten Satz gelang dem Virtuosen ohne den leisesten Misston.

In der zweiten Konzerthälfte brillierte Bohren in Ralph Vaughan Williams’ (1872–1958) poetischem, tonmalerischen Meisterstück «The Lark Ascending». Es sei die ideale «Einstiegsdroge» ins Œuvre dieses Komponisten, scherzte Bohren im Gespräch vor Konzertbeginn. Während die Geige den erhabenen Flug der Lerche und ihren lieblichen Gesang imitiert, untermalt das Ensemble dies mit einem schwebenden, meditativen Klangteppich. Einer der grossen Ansprüche dieses Lerchenfluges an den Solisten ist derjenige, dass der stark nuancenreiche und bis in allerhöchste Tonlagen vordringende Violinpart selbst im Pianissimo kaum eine Unsauberkeit verzeiht.

Eine Geige aus dem 18. Jahrhundert

Für seine Leistungen an diesem Abend bekam Sebastian Bohren verdienten, lang anhaltenden Beifall – er wurde der Anpreisung als «neuer Fixstern am Klassikhimmel» mehr als gerecht. Ein heimlicher weiterer Star an diesem Abend war sein Instrument, eine Giovanni Battista Guadagnini zugeschriebene Violine aus dem späten 18. Jahrhundert, die einst im Besitz von Thomas Füri (1947–2017) war, dem ehemaligen Stehgeiger bei den «I Salonisti», die insbesondere durch ihren Auftritt im Film «Titanic» bekannt geworden waren.

Sebastian Bohrens Haltung gegenüber seinem kostbaren, besonderen Instrument ist wohl wertschätzend, doch auf erfrischende Weise auch nüchtern. Er misst dem Mythos und der besonderen Aura, die historische Instrumente aus den Werkstätten der bekanntesten Geigenbauer vergangener Jahrhunderte umranken, eher wenig Bedeutung bei, denn «egal, wie alt und wie wertvoll eine Geige ist – sie klingt immer nur so gut, wie sie gespielt wird», sagte Bohren vor Konzertbeginn etwas schalkhaft.

Die beiden eindrucksvollen Auftritte Sebastian Bohrens bei Mozart und Williams wurden mit drei Orchesterwerken umrahmt: Mit dem Lacrimae «Antiquae» des englischen Komponisten John Dowland (1563–1626) eröffneten die Mozart Players den Abend mit einem elegisch-eingängigen Gruss aus ihrer Heimat. Mit der Sinfonie Nr. 2 D-Dur von Chevalier de Saint-Georges (1745–1799) interpretierten sie eine besondere Perle der französischen Klassik, welche stilistisch sehr nahe zu Mozart steht. Mit dessen wundervoller Sinfonie Nr. 29 A-Dur KV 201 verklang das offizielle Programm. Schliesslich verabschiedeten sich die Mozart Players mit einer grosszügigen «very british» Zugabe – dem Finale aus Benjamin Brittens Simple Symphony op. 4.

Hinweis

Sebastian Bohren und die Mozart Players spielen dieses Konzert noch an folgenden Orten: am Freitag, 4. April, um 19.30 Uhr in der Kirche St. Johann in Schaffhausen und am Samstag, 5. April, um 19.30 Uhr in der Reformierten Stadtkirche Brugg.


(Text: Andreas Faessler)