Impulse aus der Vergangenheit
Brauchtum & Geschichte
Zum Kulturprojekt um den Baarer Jesuitenpater Martin Schmid läuft in der Chollerhalle eine thematische Ausstellung mit performativer Komponente.
Zug – Viele Menschen sind wegen der Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche erzürnt und enttäuscht. Doch es gibt auch die andere Seite: Männer und Frauen, die in der Kirche für positive Werte einstehen oder sie vorbildlich gelebt haben. Dazu gehört der Baarer Jesuit Martin Schmid (1694-1772), der bei der indigenen Bevölkerung in Bolivien missionierte. Dank seinen geistigen und künstlerischen Talenten gelang es ihm, die Bildung und den Lebensstandard der Indigenen zu verbessern. Mit seinen Kirchenbauten und Musikwerken setzte er Akzente, die bis heute Anklang finden.
Daran erinnert das seit Anfang September laufende Kulturprojekt «P. Martin Schmid – Menschen bauen Welten». Es wurde von den beiden Ausstellungsmachern Laura Hürlimann und Rafael Casaulta zusammen mit dem Verein Pater Martin Schmid erarbeitet, aus Anlass des letztjährigen 250. Todestages des Missionars. Im ersten Teil wurden acht Stelen im öffentlichen Raum aufgestellt, die über das Leben des Paters informierten und einen Zusammenhang mit der Kolonialisierung Südamerikas aufzeigten.
Für die beiden Ausstellungsmacher ist wichtig, bei der Darstellung des Lebens von Pater Schmid einen Bezug zur heutigen Zeit herzustellen und die Leute zum Nachdenken anzuregen. «Wir sind zufrieden. Rund 200 Personen nahmen an den Führungen teil, und es gab angeregte Diskussionen», sagt Laura Hürlimann. Sie weiss bereits, dass die Stelen nochmals in der Jesuitenkirche Luzern zu sehen sein werden.
Herkunft, Heimat, Mission und Glaube
Der zweite Projektteil startete am Dienstagabend in der Chollerhalle mit der Eröffnung der Ausstellung und einer multidisziplinären Inszenierung. Bei der interaktiven Ausstellung mit einem Mini-Game geht es um Fragen wie: Aus welchen Gründen handelte Martin Schmid? Welche Ideale führten ihn auf den Weg? Welche Ideale prägen uns heute? Es geht um unsere Werte in Themenkreisen von Gesellschaft, Politik und Religion. «Es hat auch viel mit Gemeinschaft und Partizipation zu tun», sagt Casaulta. Da die Jesuiten eher humanistisch und fortschrittsorientiert seien, habe Pater Martin als Autodidakt Kirchenbauten initiiert und die Kultur der Einheimischen in sein Wirken einbezogen. Das wird mit Fotoplakaten und einigen Originalbriefen aufgezeigt.
Die Ausstellung will das Publikum aktiv einbeziehen und es zum Nachdenken anregen, ausgehend von der damaligen Zeit über unser Leben. Mit einer Spieler-ID kann jede Person an den sechs Stationen «Fortschritt und Technik», «Geld und Glaube», «Gemeinde und Architektur», «Herkunft und Heimat», «Missionierung und Kolonialismus» sowie «Erinnern und Vergessen» eine von drei Thesen auswählen. An einer Station ist ein Sprech-Altar aufgebaut, bei dem man entscheiden kann, was man in seiner «Predigt» der Gemeinde mitteilen will. Zuletzt erfolgt die Auswertung, und man kann sehen, ob man eher zu den Idealisten, Realisten, Hedonisten oder Opportunisten neigt. Rafael Casaulta sagt: «Alle Daten werden anonymisiert gesammelt und später ausgewertet. Man sieht dann eine Tendenz.»
Die mit Musik und Tanz umrahmte Performance mit dem Schauspieler Martin Butzke basiert auf Briefen von Pater Martin. Sie ist zu bestimmten Zeiten zu sehen, allerdings ist dann die Ausstellung nicht offen. Für das Theater stehen jeweils 50 Plätze zur Verfügung, die Tickets können online bestellt werden. (Text von Monika Wegmann)