Die Vater-Sohn-Beziehung malend vertieft

Kunst & Baukultur

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Das künstlerische Talent hat Rafael Casaulta von Vater Martin geerbt. Als der Sohn ein gemeinsames Projekt anregt, beginnt ein spannender Prozess.

  • Rafael Casaulta und das Bild, welches er mit seinem Vater gemeinsam gemalt hat. (Bild Werner Schelbert)
    Rafael Casaulta und das Bild, welches er mit seinem Vater gemeinsam gemalt hat. (Bild Werner Schelbert)

Baar – Der eine begann auf der rechten Seite der grossformatigen Leinwand mit den Acrylfarben zu malen, der andere auf der linken. Gemeinsam schufen Rafael und Martin Casaulta einen Bildgrund mit geometrischen Farbflächen. «Darauf habe ich zuerst spontan mit dem Bleistift gezeichnet, bevor wir beide mit verschieden breiten Pinseln die Farben aufgetragen oder mit einem Strähl zerkratzt haben», erzählt Rafael Casaulta über die Entstehung des gemeinsamen Werkes «Meines Vaters Sohn». Am Ende habe man sich darüber ausgetauscht: Was siehst Du im Bild, wo ist unser gegenseitiger Bezug?

Jetzt ist das abstrakte, expressive Bild der farbenfreudige Blickpunkt der gemeinsamen Ausstellung in der Schmuck Galerie Moser in Baar. Die weiteren Arbeiten auf Papier oder Leinwand, die jeder einzeln gemalt hat, weisen kaum Unterschiede auf, wobei die Formensprache des Vaters grosszügiger und die des Sohnes vielschichtiger ist.

Der Sohn animierte den Vater

In der Regel versuchen Eltern, ihre Kinder zu sportlichen oder künstlerischen Aktivitäten zu animieren. Hier war es einmal umgekehrt: Der Sohn hat den Vater im letzten Jahr zu diesem einmaligen, gemeinsamen Projekt motiviert, wobei Galeristin Brigitte Moser beim «Pushen» mitgeholfen hat. «Mein Vater hat in jungen Jahren mit Bleistift naturalistisch gezeichnet und später kleine Arbeiten im privaten Umfeld ausgeführt, aber noch nie an einer Ausstellung teilgenommen», weiss Rafael Casaulta. Er spielt in der Band «R we alone?», malt nebenher, sprayt an «legalen» Wänden und schreibt.

Dem 53-jährigen Vater sei förmlich der berühmte Knopf aufgegangen, als Rafael ihn mit ins Atelier 63 genommen habe. «Dort hat er das Malen mit Farben, Spraydosen, Kohle und anderen Materialien wie Acryl ausprobieren können. Und erstmals begann er, mit mir darüber zu diskutieren», erinnert sich der junge Baarer gerne. So seien in einem intensiven Austausch zuletzt exakt 17 spontan gemalte Bilder entstanden, die jetzt in der Ausstellung zu sehen sind.

Man habe in dieser Schaffenszeit rege diskutiert und gegenseitig ausgelotet, wie das Thema «Meines Vaters Sohn» umgesetzt werden solle und entschieden, mit Acrylfarben abstrakt und expressiv zu arbeiten und jeweilige Stimmungen einfliessen zu lassen.

«Für unsere Vater-Sohn-Beziehung war dieses Projekt ein wertvoller Findungsprozess. Wir sind durch die Gespräche auf einer anderen Ebene angelangt. Mein Vater versteht jetzt mehr von meinem Weg», stellt Rafael fest. Auch die Rückmeldungen der Besucher an der Vernissage seien äusserst positiv gewesen. «Es hat sich ein spannender Austausch ergeben, denn einige hätten mehr Details über den gemeinsamen Prozess wissen wollen, beispielsweise, ob es Streit gegeben habe. «Aber gestritten haben wir dabei nie», sagt Rafael schmunzelnd.

Studium in Berlin

Während der in Chur geborene Martin Casaulta, seit 1988 im Kanton Zug ansässig und in der IT-Branche tätig, durch den Sohn seine zeichnerische Fähigkeit wieder hat aufleben lassen, will Rafael den begonnenen Weg weiter verfolgen. «Meines Vaters Sohn» ist nach «WILD!» und seinem Aufenthalt als «Artist in Residence» im Kunstkiosk Baar seine dritte Ausstellung. Inspiriert durch den Vorkurs an der Schule für Kunst und Design Zürich (SKDZ) strebt der 24-jährige Baarer eine künstlerische Ausbildung an: Ab Oktober beginnt er in Berlin ein Studium der Illustration.

«Mit meiner Kunst verbinde ich Messages, indem ich bei den Arbeiten auf gewisse Sachen oder Fragen hinweise», betont Rafael Casaulta ernsthaft. «Die jetzige gemeinsame Ausstellung weist auf einen ganz speziellen Moment hin und zeigt, wie wichtig solche Dinge sind, und dass man sich dafür, wie auch für Gespräche, Zeit nehmen soll.» (Monika Wegmann)

Hinweis
Die Ausstellung «Meines Vaters Sohn» mit Werken von Martin und Rafael Casaulta läuft bis 25. Juni in der Schmuck Galerie von Brigitte Moser, Dorfstrasse 27, Baar. Die Öffnungszeiten: Mi–Fr 10–12 Uhr, 14–18 Uhr, Sa 10–12 Uhr.