Die Skulptur in all ihren Varianten
Kunst & Baukultur
Die Werkschau «Dynamik der (Un-)Ordnung» zeigt eine grosse Bandbreite an skulpturalen Arbeiten unterschiedlicher Künstlerinnen und Künstler – und wird zum Ort der Begegnung.
Zug – Wo beginnt eigentlich Unordnung? Das ist individuell verschieden. Wer viel besitzt – so wie das Kunsthaus Zug mit seiner Sammlung von über 10 000 Werken, die in mehreren Depots lagern –, der muss Ordnung schaffen. Doch in der von Jana Bruggmann kuratierten ersten Ausstellung im Schaudepot an der Oberallmendstrasse wird die «(Un-)Ordnung» propagiert: Während rechts an der Wand noch wohl geordnet Kisten lagern, sind die Kunstwerke mitten in der über 700 Quadratmeter grossen, hellen Industriehalle locker verteilt und können vom Publikum von allen Seiten betrachtet werden.
Ausgestellt sind rund 40 Skulpturen, Plastiken und Installationen von renommierten Kunstschaffenden wie Jo Achermann, Hans Aeschbacher, Trudi Demut, Olafur Eliasson, Bethan Huws, Ilya und Emilia Kabakov, Katharina Sallenbach, Roman Signer, Fritz Wotruba und weiteren. Sie ermöglichen auch einen Einblick in die historische Entwicklung der Skulptur und zeigen, wie früher die Kunstschaffenden die naturgetreue Abbildung des Körpers pflegten und später solche konventionellen Regeln aufbrachen – zugunsten von freieren Formen bis zur Abstraktion. Hier sind die verschiedenen Stile sicht- und nachvollziehbar. Mehrere Installationen runden die Schau ab.
Lager- und Ausstellungsraum zugleich
Beim Rundgang zeigt sich Matthias Haldemann, Direktor des Kunsthauses Zug, sehr erfreut über die erste Ausstellung im Schaudepot. «Skulpturen sind ein grosses Thema für uns. Hier in der Halle mit ihrer eigenen Ästhetik ist der Werkplatz noch spürbar, es ist reizvoll, Kunst einmal anders zu zeigen als im Kunsthaus.» Manche Objekte und Gruppen stehen auf einfachen Sockeln oder Leisten, andere in der geöffneten Transportkiste. Bei Hans Aeschbachers Gruppe fällt besonders der weibliche Torso «Venus» auf, er zeigt hinten noch Teile des rohen Steins. Gut nachvollziehbar ist sein Weg zur freien Form, mit der «Figur VI».
Haldemann weiss zu jedem Werk spannende Begebenheiten, auch über die Verbindungen vieler der ausgestellten Kunstschaffenden untereinander: So sei beispielsweise Hans-Peter von Ah, von dem eine frühe kubistische Arbeit gezeigt wird, ein Student von Fritz Wotruba gewesen. Von diesem stammt der «Torso II». In Karl Geisers bronzener «Frau mit Spiegel», die sich unentwegt in der engen Kiste betrachtet, schwingt leiser Humor mit.
Der klassizistische Torso von Jakob Probst zeichnet sich durch farbige Nuancen der Oberfläche aus. Und der Zürcher Hermann Haller hat von Katharina Sallenbach als Kind eine kleine Terracotta-Figur geschaffen. Von ihr, der späteren Bildhauerin, sind daneben ein weiblicher Kopf sowie eine zerlegbare abstrakte Skulptur aus schwarz-weissem Marmor ausgestellt. Neu in der Stiftung sind laut Haldemann auch Werke von Karl Prantl, von dem der weisse Marmorblock stammt.
Mehr Präsenz für Bildhauerinnen
Ins Surreale weisen die beiden Bronzearbeiten von Trudi Demut. Laut Haldemann will das Kunsthaus den weiblichen Kunstschaffenden mehr Raum bieten: «Denn diese hatten es früher oft schwer, vor allem, wenn ihre Männer selber künstlerisch tätig waren.» Und er ergänzt: «Von Florin Granwehr wird noch mehr kommen, wir verfügen über einen grossen Bestand».
Als wichtig bezeichnet er auch die beiden Arbeiten «Flatlight» und «Quasi Brick» von Olafur Eliasson, die neu in der Sammlung seien: «Mit ihm planen wir ja die Erweiterung des Kunsthauses.» Von Anna Margrit Annen gibt es einige Werke in der Sammlung Kamm, so auch die braunen Drahtschläuche «Kubus», die variabel darzubieten sind. Viel Raum nehmen die originellen Installationen von Roman Signer ein, bei denen der Piaggio nicht fehlen darf.
Das von Kanton und Stadt unterstützte Schaudepot ist Teil des KunstCluster Zug, es setzt sich zusammen aus dem Verein Atelier63, dem Verein Film Zug, dem Quartierverein Guthirt und dem Tech Cluster Zug AG. Matthias Haldemann sagt: «Der Ort bietet interessante Möglichkeiten für Kunstveranstaltungen, auch gemeinsam mit den beteiligten Partnern.»
Hinweis
Eröffnung des Kunsthaus- Zug-Schaudepots, Oberallmendstrasse 1, Zug: Sonntag, 25. August, 10–17 Uhr. Weitere Öffnungstage, inklusive 10. Zuger Kunstnacht, bis Frühling 2025, siehe Website:
www.kunsthauszug.ch
(Text von Monika Wegmann)