Intime Momente in Szene gesetzt
Kunst & Baukultur
In der Galerie Billing in Baar stellt Claude Seeberger zwei Werkserien vor. Sie sind in Unterägeri und Belgrad entstanden.
Baar – Schon lange besitzt Claude Seeberger eine Kunstkarte mit Pierre Bonnards «Nu dans la baignoire». Mit dem Thema der Nacktheit habe sie sich schon früher beschäftigt, sagt die Zuger Künstlerin an der gut besuchten Vernissage am Samstag in der Galerie Billing in Baar. Aus solchen Impulsen entstand im Atelier in Unterägeri eine grossformatige Werkserie für die neue Ausstellung mit dem Titel «Nu».
Sie zeigt menschliche Figuren in intimen Momenten. Die auf Leinwand gemalten symbolhaften Körper befinden sich in wannenähnlichen Gebilden – ruhig liegend oder nachdenklich sitzend, teilweise im Wasser. Die Szenerie ist nicht gegenständlich, sondern abstrahiert umgesetzt.
«Ich übermale, bis der Ausdruck stimmt»
«Mir geht es hierbei um das Blossgestellt-, Schutzlos- und Verletzlich-Sein, das hat mit meinen Wahrnehmungen in der Umwelt und dem biografischen Hintergrund zu tun», sagt Claude Seeberger. Sie gibt zu bedenken, dass, wenn sie Bilder präsentiere, auch immer etwas von sich und ihren Gefühlen oder dem Erlebten preisgebe.
Auffallend ist bei dieser Serie die harmonische Farbigkeit in rötlichen, pastelligen Farbtönen, bei denen die Künstlerin mit verschiedenen Materialien gearbeitet hat. Die spannende Tiefenwirkung der Motive verweist auf die vielen Schichten, die sie gerne nach dem Zufallsprinzip aufträgt.
Claude Seeberger betont dazu: «Ich übermale, bis der Ausdruck für mich stimmt.» Sie ergänzt: «Mit meinen Bildern will ich Geschichten erzählen und Inputs geben, darum haben sie keine Titel. Jede Person kann sich dazu eine eigene Meinung bilden.»
Als wichtige Erfahrung bezeichnet die 71-jährige Claude Seeberger den Aufenthalt von September bis November 2024 im Belgrader Atelier der Städtekonferenz Kultur SKK, in der die Stadt Zug vertreten ist. «Das hat mir für mein freies Schaffen viel gebracht. Es ist auch gut, die Schweizer Bubble einmal zu verlassen.»
In früheren Jahren habe sie beruflich und privat für ein solches Projekt keine Zeit gehabt. «In Belgrad habe ich sehr herzliche und friedliche Leute angetroffen und auch einige Demonstrationen miterlebt, die derzeit in Belgrad stattfinden.» Mit der Geschichte Serbiens habe sie sich schon früher befasst, mit dem Krieg, der Gewalt – auch an den Frauen.
Rot als Farbe von Gegensätzen
Ausgestattet mit Papier und Farbstiften reiste sie in den Balkan. Als Thema für das Kunstprojekt wählte sie die Farbe Rot. «Die Farbe steht für Erotik, Aggression, Wärme, aber auch für Gegensätze wie Gewalt und Liebe.» So sind mehrere kleinformatige Serien auf Papier in verschiedensten Rottönen mit Graphit, Farbstiften und Acryl entstanden. Sie zeigen Szenen von menschlichen Figuren in Bewegung. Teppiche mit orientalischen Mustern inspirierten sie zu Bildern mit kleinformatigen mehrfarbigen Kopfformen, die Linien und Strukturen der Teppichgewebe enthalten.
Im Gespräch wird nachvollziehbar, dass Claude Seeberger am Zeitgeschehen in der Welt sehr interessiert ist. Informationen aus der Presse oder Literatur fliessen in ihre vielschichtige Kunst- und Bildsprache ein, die sich immer wieder verändert – auch heute noch. «Ich bin täglich in meinem Atelier und experimentiere gerne an der Technik», sagt sie.
Auch hier in der Ausstellung zeigt sich wieder, wie wichtig und befruchtend solche öffentlichen Förderprogramme für Kunstschaffende wie Claude Seeberger und andere sind.
Hinweis
Die Ausstellung von Claude Seeberger läuft bis 23. Februar in der Galerie Billing in Baar, Haldenstrasse 1. Am 16. Februar, 14.30 Uhr, ist eine Lesung mit Andres Bruetsch, wobei es um das Leben eines bekannten Künstlers geht. www.billingbild.ch
(Text: Monika Wegmann)