Ein Zeugnis tiefer Volksfrömmigkeit

Kunst & Baukultur

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Ein grosses Tafelbild in der Ziettenbuech-Kapelle in Unterägeri aus dem 17. Jahrhundert ist eng mit seinem Standort verbunden.

  • Das Tafelbild der Zittenbuech-Kapelle ist ein bemerkenswertes lokalhistorisches Kulturgut. Bild: Stefan Kaiser
    Das Tafelbild der Zittenbuech-Kapelle ist ein bemerkenswertes lokalhistorisches Kulturgut. Bild: Stefan Kaiser

Unterägeri – Das kleine Kapellchen aus dem 17. Jahrhundert beim Hofe Oberzittenbuech in Unterägeri stand bereits einmal im Interesse dieser Serie, als es um den Kapellenpatron Antonius ging, der nicht zu verwechseln ist mit dem bekannten gleichnamigen Heiligen aus Padua. Die Kapelle steht unter Schutz von Anton Eremit, dem aus Ägypten stammenden Patron der Schweinehirten. Er steht als segnende Holzfigur auf dem Altar mit einem Schweinchen als Attribut zu seinen Füssen.

An der rechten Seitenwand hängt ein weiteres bemerkenswertes Objekt, welches vermutlich seit Errichtung der Zittenbuech-Kapelle hier seinen Platz hat und untrennbar zu dieser gehört – aufgrund seines direkten Bezuges zur unmittelbaren Umgebung des Kapellenstandortes. Es handelt sich um eine vielfigurige, auf Holz gemalte Kreuzigungsszene mit den Hauptprotagonisten Jesus Christus am Kreuz, Maria und Johannes. Sie werden begleitet von den Heiligen Wendelin, Antonius Eremit (da ist er wieder) und Eligius mit abgetrenntem Pferdebein als Erkennungsmerkmal – alle drei vornehmlich von Bauersleuten verehrte Schutzherren.

Aufschlussgebend an diesem lokalgeschichtlich spannenden Objekt ist der untere Bildbereich mit mehreren auf Knien betenden Personen in zeittypischer Kleidung und einem Doppel-Familienwappen Iten und Hotz. Links ist der Name H. Melchior Iten zu lesen und rechts Maria Magdalena Hotzin. Die Namen sind mit den Jahreszahlen 1671 und 1673 ergänzt.

In seinem Buch «Die Iten – Talleute zu Ägeri, Eine Familien- und Höfegeschichte» von 1962 weiss der Autor Pfarrer Albert Iten (1891–1976), dass es sich bei diesem Tafelbild um eine Stiftung der Familie Iten-Hotz ab dem nahen Hofe Wimatt handelt. Die Wimatt liegt am Hüribach, knapp einen Kilometer Luftlinie südwestlich der Zittenbuech-Kapelle.

Gemäss Pfarrer Iten gehörte die spätere Wimatt im ausgehenden 16. Jahrhundert noch zum Hof Schwändi, wie demnach aus einer Archivalie hervorgehen soll. Der auf dem Tafelbild verewigte Melchior Iten, Sohn des Jakob ab der Schwändi und Barbara Heinrich, ist ab 1632 als Bewohner respektive Besitzer der «Wynmatt» bezeugt. Mit seiner Frau Maria Magdalena (1633–1656) hatte Melchior Iten sechs Kinder, darunter der Stammhalter Jakob, der jedoch bereits im Jahr 1666 verstarb.

Posthum eine Stiftung

Laut Familien-Stammtafel starb Melchior Iten im Jahre 1670. Worauf sich die beiden Jahreszahlen auf dem Tafelbild – 1671 und 1673 – letztendlich beziehen, erschliesst sich nicht eindeutig. Sie weisen wohl darauf hin, dass das Gemälde nach dem Tod Melchior Itens und lange nach dem Tod seiner Frau angefertigt und gestiftet worden ist, vermutlich anlässlich des Kapellenbaus auf Zitten­buech. Wir sehen jeweils im Vordergrund das Familienoberhaupt Melchior Iten und seine Gattin Maria Magdalena beim Gebet. Die weiteren abgebil­deten Personen stellen wohl Familienmitglieder dar.

So wird das Tafelgemälde mit einzigartigem, mit dem Standort fest in Kontext ste­hendem Bildinhalt zu einem lokalhistorisch und genealogisch sehr interessanten Kulturgut, welches zudem die tiefe Volksfrömmigkeit der dama­ligen Landbevölkerung repräsentiert. (Text: Andreas Faessler)