Siedlung mit eigener «Hauskapelle»

Brauchtum & Geschichte

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Die stadtzuger Wohnsiedlung Ammannsmatt ist gegen Ende des Zweiten Weltkriegs entstanden. Zum Ortsbild gehört eine einfache Holzkapelle. Sie steht in ihrer Art symbolisch für die Nachkriegszeit.

  • Ein einfacher Bretterbau: die Kapelle Maria Einsiedeln in der Ammannsmatt ganz am Rande Zugs.
    Ein einfacher Bretterbau: die Kapelle Maria Einsiedeln in der Ammannsmatt ganz am Rande Zugs.

Zug – Irgendwie fühlt man sich an den Schlafraum eines Schullagers erinnert oder an eine in die Jahre gekommene Militärunterkunft. Doch anstatt Stockbetten stehen Kirchenbänke in diesem niedrigen, mit dunklen Brettern ausgekleideten Barackenraum. Es riecht nach altem Holz, leicht muffig, aber angenehm, ja «heimelig».

Es ist wohl einer der am wenigsten bekannten Sakralräume Zugs, diese ungewöhnliche Kapelle, welche man in ihrer Schlichtheit eher irgendwo auf einer Alp tief in den Bergen erwarten würde. Ihre Ausstattung ist aufs Wesentliche reduziert: ein einfacher Volksaltar, ein Kästchen für das Allerheiligste, ein gleichschenkliges Kreuz an der Stirnwand, ein grosser hölzerner Rosenkranz und eine grosse Marienfigur mit Jesuskind, der Einsiedler Madonna nachempfunden.

Letztere ist Namensgeberin dieser besonderen Kapelle, welche seit bald achtzig Jahren fester Bestandteil der Siedlung Ammannsmatt an der Lorze ist. Baulich mit dem Haus 19a verbunden, würde die Holzbaracke glatt als grösserer Geräteschuppen oder Garage durchgehen, stünde da nicht ein kleiner Dachreiter mit blecherner Spitzhaube und Glöckchen auf dem Giebel.

Gemeinnütziger Wohnungsbau

Die Ammannsmatt-Kapelle ist fest mit der Geschichte der Siedlung verbunden. Diese ist gegen Ende des Zweiten Weltkrieges entstanden, als es stark an Wohnraum mangelte. Bis dahin hatten hier nur Weideland und der ab 1918 erbaute Hof Ammannsmatt mit Bauernhaus, Scheune und Trotte existiert. Im Jahre 1944 liess die 1910 gegründete, gemeinnützige Sozialwohnraumbewirtschafterin Heimstätte AG in der Ammannsmatt – im Volksmund auch «Sumpfmatte» genannt – in einer ersten Etappe drei Reihen-, sieben Doppelhäuser und ein Mehrfamilienhaus nach Plänen von Joseph Schütz errichten. Ein «Markenzeichen» der Siedlung: viel Platz für Grünräume und Gärten, ideal für Familien.

Bereits 1947 startete eine zweite Bauphase. Vier Reihenhäuser und ein Mehrfamilienhaus mit Laden kamen hinzu. Rund 300 Menschen wohnten jetzt in der Ammannsmatt. Anton Lautenschlager, damaliger Gut-Hirt-Pfarrer in Zug und vormaliger Präsident der Heimstätte AG, hatte sich bereits zuvor dafür starkgemacht, dass die Familiensiedlung einen eigenen Ort der spirituellen Einkehr erhalten soll. Seine Pläne stiessen auf viel Gegenliebe. 1946 erfolgte die Baueingabe für eine Kapelle.

Das Kloster Einsiedeln spendete eine Kopie der Gnadenmutter, und bereits am 27. April 1947 konnte die vom Architekten Alois Stadler entworfene «Notkapelle Maria Einsiedeln» in der Ammannsmatt feierlich geweiht werden – im Rahmen eines Hochamtes und mit einem Kirchweihfest, welches als «Kilbi Ammannsmatt» fortan zur jährlichen Tradition werden sollte. Bis 1971 gehörte die Kapelle Ammannsmatt zur Pfarrei Guthirt. Seit Inbetriebnahme der Kirche St. Johannes in der Herti wird die Kapelle von hier aus betreut. Über viele Jahre hinweg sah Josef Iten-Thöni (1913–2006) – seinerzeit einer der ersten Bewohner der Siedlung – als Sakristan zum Rechten in und um den Andachtsraum.

Symbolisch für den materiellen Notstand

Als fester, ja identitätsstiftender Bestandteil der Familiensiedlung Ammannsmatt, welche 1979 ein drittes Mal erweitert wurde, ist die rustikal wirkende Barackenkirche quasi deren «Hauskapelle». Als Typus Notkapelle – das heisst als ein auf das Minimum reduzierter und weitgehend notdürftig eingerichteter Sakralraum – steht das kleine Gotteshaus symbolisch für die unmittelbare Nachkriegszeit, als es an allem mangelte, unter anderem an Baumaterial.

Die sechs kleinen Fenster des mit einem flachen Satteldach bedeckten Bretterbaus sind mit weiss getünchten Holzgittern versehen. So auch die drei wesentlich grösseren, hochrechteckigen Fenster des Altarbereiches, welche für die natürliche Belichtung des Raumes sorgen. Der Windfang der Eingangstür ist 1989 hinzugefügt worden. (Text von Andreas Faessler)