Heimatklänge auf dem Parkplatz
Musik
Was Alphornbläser ihrem 3,40 Meter langen Instrument entlocken, braucht viel Übung wie ein Probenbesuch zeigt.
Baar – Man ist direkt versucht, strammzustehen und die Hand aufs Herz zu legen wie es sich für einen wahren Patrioten gehört. Die Alphornklänge verzaubern. Und das nicht auf einer Alp, umringt von einer herrlichen Bergkulisse, sondern mitten in Baar auf einem nüchternen Parkplatz im Industriegebiet. Dort, wo einst die Firma Metro ihren Sitz hatte. Die Zuger Alphornbläser-Vereinigung hält hier unter freiem Himmel ihre Probe ab – wie immer in den Sommermonaten.
«Wir arbeiten jetzt noch an den Feinheiten», sagt Dirigent Hans Gisler. So spiele jetzt die Intonation oder das richtige Aushalten der langen Töne eine wichtige Rolle, berichtet der 74-Jährige weiter. Damit am Samstagnachmittag in Davos am Eidgenössischen Jodlerfest (siehe Box) vor der Jury das Lied «S’Guldetal im Ring» so richtig eindrücklich rüberkommt. «Es gibt keine Stärkeklassen mehr, in die die Alphorngruppen eingeteilt sind», so der Dirigent. Bewertet werden unter anderem Takt, Rhythmus oder Artikulation. Dabei werden Punkte von 1 bis 4 vergeben. Seit Februar üben die Zuger Alphornbläser das Lied, das sie vortragen werden.
Schon als Kind fasziniert
Seit 1990 ist Paul Iten (75) Alphornbläser. «Man spielt Naturtöne, die man alle nur mit den Lippen entstehen lässt.» Und wie kam er zum Alphornspielen? «Ich wurde damals vom Dirigenten einfach dazu eingeteilt. So einfach war das», sagt er lachend.
Stephan Abt (61) gehört zu den Gründern der Zuger Alphornbläser-Vereinigung. «Schon als Kind hat mich das Instrument fasziniert», schwärmt er. «Am Zentralschweizer Jodlerfest 1986 in Zug habe ich das Alphorn wieder hautnah erlebt, und da wusste ich: Ich will Alphornbläser werden.» Nun ist Abt im Sommer auch öfter in der freien Natur beim Üben zu hören: «Da habe ich genug Platz für das 3,40 Meter lange Instrument und störe niemanden. Zudem widerhallt draussen ein Echo das ist toll.» Bei Auftritten sei man ein oft fotografiertes Sujet, «vor allem Touristen aus dem Ausland können manchmal nicht genug von uns bekommen», sagt der Mann mit dem weissen Bart und strahlt über das ganze Gesicht.
Einen passenden Ort zum Üben zu finden, sei wirklich ein Problem, weiss Ottilia Schuler (73) und so ist sie auch im Winter mit ihrem Instrument draussen am Proben. «Man braucht ein gutes Musikgehör, um Alphorn zu spielen», sagt sie, «aber das Instrument kann man in jedem Alter noch erlernen. Ich habe erst mit 60 Jahren angefangen.» Zusammen mit Kollegin Nikola Suwald (70), die seit zehn Jahren Alphornbläserin ist, wird sie in Davos mit der reinen Frauengruppe Fraueschüehli auftreten. «Vor 20 Jahren war es noch etwas Besonderes, wenn Frauen auch Alphorn spielen wollten – heute ist es ganz normal», betont Suwald. Das Instrument erlernt hat sie einst in Erstfeld, weil es dort im Gegensatz zu Zug eine Gruppe für Anfänger gab. «Damals waren die Urner in diesem Bereich fortschrittlicher als die Zuger», doppelt sie mit einem Lächeln nach.
Gartenschlauch zum Üben
Auch Nikola Suwald übt im Winter vor allem draussen in der Kälte wenn die Temperaturen aber zu tief sind, greift sie auf einen Trick zurück. «Ich nehme einen Gartenschlauch in der gleichen Länge wie das Alphorn und stecke das Mundstück auf – der Ton ist dann sehr abgeschwächt, aber ich nutze die gleiche Technik, wie wenn ich ins Alphorn blasen würde.» (Luc Müller)
In Davos dabei
PROGRAMM. Am Eidgenössischen Jodlerfest in Davos, das vom 3. bis 6. Juli stattfindet, treten die Teilnehmer in den Sparten Jodeln, Alphorn- und Büchelblasen sowie Fahnenschwingen an. Aus dem Kanton Zug sind in der Sparte Alphornbläser dabei:
Trio Pep mit Peter Renggli, Hünenberg
Trio Rosengarten mit Richard von Holzen, Menzingen
Trio am Rossberg mit Manuela Kubli, Menzingen
Alphorngruppe Echo vo dä Bärenegg,Walchwil
Trio Männertreu:Anna Stössel (Morgarten), Nikola Suwald (Neuheim), Danielle Oery (Hagendorn)
Alphorngruppe Fraueschüehli,Morgarten
Büchelduo P+R mit Richard von Holzen, Menzingen
Nikola Suwald,Neuheim
Zuger Alphornbläser-Vereinigung
Trio Ramenegg: Albert Henggeler (Oberägeri), Peter Henggeler (Oberägeri) und Dany A. Koller (Oberägeri).