Hier ruht Pfarrer Eberhart

Kunst & Baukultur, Brauchtum & Geschichte

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Die architektonisch bedeutende Zuger Stadtkirche ist dank eines tüchtigen Geistlichen und zugleich geschickten Geschäftsmannes in ihrer heutigen Form entstanden.

  • Das Stifterbild über der Turmtür, kniend Johannes Eberhart. (Bild Matthias Jurt)
    Das Stifterbild über der Turmtür, kniend Johannes Eberhart. (Bild Matthias Jurt)

Zug – Die Kirche St. Oswald ist so etwas wie das Prunkstück der Zuger Altstadt. Kulturhistorisch bedeutend ist die Kirche insbesondere deshalb, weil sie in ihrer heutigen Gestalt als eine der repräsentativsten spätgotischen Stadtkirchen der Schweiz gilt. Baumeister war der aus Bayern stammende Hans Felder, das Zuger Monument gilt neben der Zürcher Wasserkirche als dessen Hauptwerk.

Die Initiative zum Bau der Oswaldkirche kam von Johannes Eberhart (gelegentlich auch Eberhardt), Angehöriger eines kleinen, seit 1636 ausgestor­benen Zuger Stadtbürgergeschlechts mit Ursprung in Arth. Will man sich auf Spurensuche Eberharts innerhalb der Kirche machen, so wird man an der linken Chorwand in zweifacher Hinsicht fündig.

Zum einen fällt einem ein spätmittelalterliches Gemälde über der Turmtür ins Auge. Es ist die Anna-Selbdritt-Darstellung eines unbekannten Meisters. Das Besondere an diesem Gemälde: Es zeigt auch das Bildnis des Stifters Eberhart, rechts neben der Szene kniend in schwarzem Gewand. Dieses aussergewöhnliche Stifterbild – es handelt sich um eine originalgetreue Kopie – ist im Rahmen dieser Serie bereits vor­gestellt worden.

Hohe Anerkennung: Ein Ablassbrief aus Rom

Zum anderen stösst man auf den Namen Johannes Eberhart auf einer Inschriftentafel an höherer Stelle der linken Chorwand. In einer gotischen Nische mit dem Eberhart-Wappen ist auf der Schiefertafel zu lesen «Hier ruht: Pfarrherr Joh. Eberhart. Magister. Gründer dieses Gotteshauses, gestorben 1497.» Der Kirchenstifter fand seine letzte Ruhestätte im Chorraum. Das illustre Leben dieses um den Kirchenbau verdienten Mannes ist recht gut dokumentiert.

1435 in Zug geboren, immatrikuliere Eberhart 1451 an der Universität Erfurt und schloss seine Studien mit dem Titel «Magister Artium» ab. Gemäss Eberhart-Biografie im «Tugium Sacrum» muss der junge Student vom damals sich im Bau befindlichen Erfurter Dom sehr beeindruckt gewesen sein, was ihm Inspiration für den späteren Kirchenbau in seiner Heimat gewesen sein dürfte.

Zurück in Zug, übernahm Johannes Eberhart das Amt des Pfarrers zu Liebfrauen, ab 1468 war er Pfarrer in Cham und wenig später wieder in Zug zu St. Michael, eine Zeit lang zugleich auch in Weggis. 1480 war ein Glücksjahr für den frisch gebackenen Zuger Stadtpfarrer Eberhart: Der päpstliche Nuntius besuchte die Schweiz und warb um ein Schutzbündnis der eidgenössischen Orte mit dem Heiligen Stuhl. Dabei verschenkte der Nuntius grosszügig Ablassbriefe an zahlreiche Innerschweizer Kirchen, so auch an diejenigen in Zug. Der Nuntius besuchte die Baustelle von St. Oswald. Zwischenzeitlich hat Papst Sixtus IV. persönlich die Nachricht vom ambitionierten Kirchenbau in Zug erhalten und liess Eberhart einen päpstlichen Ablassbrief übermitteln. Ein Zeichen höchster Anerkennung.

Ein schlauer Geschäftsmann

Leutpriester Johannes Eberhart pflegte Kontakt zu Erzherzog Sigismund von Österreich. Von diesem erhielt Eberhart 300 Goldgulden für den Bau von St. Oswald, einer Überlieferung zufolge als Dank dafür, dass Eberhart den Erzherzog Jahre zuvor bei einer Zusammenkunft ärztlich behandelt hatte. Eber­hart erwies sich als schlauer Geschäftsmann, der keine Gelegenheit ausliess, überall die hohle Hand hinzuhalten und Spenden für den Kirchenbau einzusacken.

Letztlich ist die Baugeschichte der St. Oswaldkirche vor allem deshalb so vorzüglich dokumentiert, weil Eberhart das Baurodel auf über 190 Seiten akribisch führte – mit sauber eingetragenen Spenden, Aus­gaben und allerlei Einzelheiten zum Bau. Nicht minder wertvoll ist Eberharts sogenanntes Jahrzeitbuch von St. Oswald, welches sämt­liche Stiftungen der stadtzugerischen Familien listet und gleichzeitig eine kost­bare familiengeschichtliche Quelle darstellt.

Angesichts seiner Verdienste um das sakrale Wahrzeichen Zugs gebührt Johannes Eberhart die hohe Ehre, in doppelter Hinsicht innerhalb des Gotteshauses bis zum heutigen Tage präsent zu sein. (Text von Andreas Faessler)