Sein hölzerner Garten spricht von der Kraft der Natur
Kunst & Baukultur
Jedes Werk ist ein Fundstück: Die Natur liefert dem Schwyzer Künstler Norbert Stocker den Werkstoff und Ideen für seine Objekte.
Zug – Holz, wohin man blickt. In der Galerie Renggli in Zug hängen derzeit holzige Objekte an der Wand, stehen, als ob sie angelehnt seien, oder liegen am Boden. Doch wie man in der aktuellen Ausstellung «Fremder Garten» von Norbert Stocker sehen kann, ist Holz nicht gleich Holz. Beim Schwyzer Künstler darf es Risse zeigen oder krumme Formen aufweisen. Denn erst durch den individuellen Gestaltungsprozess mit der Motorsäge sowie die harmonische Farbgebung wird es zum Kunstobjekt. Und gerade die Farben geben dem Werk den jeweiligen Charakter und einen Hauch von Poesie.
Eigenes Stück Wald
«Den Werkstoff finde ich draussen in der Natur, mir gehört ein Stück Wald», sagt Norbert Stocker. Die meisten seiner Objekte entstünden spontan. Nur wenn es um Kunst am Bau gehe, seien vorherige Entwürfe notwendig. Der 75-Jährige wirkt in der persönlichen Begegnung zurückhaltend, er gibt nicht gerne Auskunft über Details des Arbeitsprozesses: Lieber lässt er seine Werke sprechen. Die schlanke Figur täuscht nicht darüber hinweg, dass der Künstler öfter mit schweren Holzbrocken zu tun hat.
Während Stocker in früheren Jahren figurativ gearbeitet hat, entstehen in neuerer Zeit einfache kubistische und abstrakte Formen. Da werden Bretter zu Stelen, die im Obergeschoss an die Wand anlehnen, oder zu einem grünen Steg, wie er im Untergeschoss zu sehen ist. Dort steht auch das hölzerne «Paar», ein Teil ist grün, der andere rot, beide berühren sich sanft.
Die Installation «Fremder Garten», die der Ausstellung den Titel gibt, besteht aus vier in der Mitte ausgehöhlten langen Balken, die im Obergeschoss locker übereinanderliegen, jeder weist eine andere Farbe auf. «In meinem Garten kann ich selber bestimmen», sagt Stocker mit heiterem Schmunzeln. Auch wenn manche Menschen seine Objekte fremd finden, hindere ihn das nicht: «Es ist ein Prozess für den, der es macht. Wie in einem Garten muss man die Dinge wachsen lassen.»
Der farblichen Gestaltung der Hölzer widmet er sich besonders intensiv, auf sie möchte er nicht verzichten: «Ich trage die Farben oft in mehreren Schichten übereinander auf. Manche sind gemischt, sie lassen sich auch ohne weiteres später noch korrigieren.»
Blick in fremden Garten
«Ein Garten ist nicht natürlich, sondern von Menschen angelegt», nahm die Kunsthistorikerin Irene Schubiger aus Basel in der Einführung der gut besuchten, musikalisch umrahmten Vernissage den Faden auf. Mit dem Blick in einen fremden Garten erhoffe man sich, etwas Unbekanntes, Schönes, Privates zu sehen. Jetzt werde man in den Garten von Norbert Stocker eingelassen, den der Künstler angelegt habe. «Dieser Garten spricht von der Kraft und Vielfalt der Natur», fuhr sie fort. Seine Werke seien heute ungegenständlich. Durch den Arbeitsprozess des Behauens mit der Motorsäge würden die natürlichen Formen vergehen und auf der Oberfläche Schrunden, Spuren und Schraffierungen entstehen. «Er gibt den Stämmen eine neue Ordnung», würdigte Irene Schubiger das Wirken des Künstlers.
Norbert Stocker ist 1940 geboren und in Zug und Baar aufgewachsen. An der Schule für Gestaltung Luzern, der Hochschule für Bildende Künste Berlin und London erfolgte seine Ausbildung. Seit 1968 wohnt er im Meinrad-Inglin-Haus in Schwyz. Bis 1994 war er an der Kantonsschule Schwyz als Lehrer für bildnerische Gestaltung tätig, seither ist er freischaffend.
Mit seinem Schaffen will der Künstler anregen, ein alltäglich bekanntes Naturmaterial wie das Holz einmal anders wahrzunehmen. Stocker äusserte einmal: «Kunst schafft immer etwas, das vorher noch nicht da war.» (Monika Wegmann)
HinweisDie Ausstellung «Fremder Garten» von Norbert Stocker läuft bis 9. Mai in der Galerie Renggli, Ober-Altstadt 8, Zug. Die Öffnungszeiten: DiFr 14–18.30 Uhr; Sa 10–16 Uhr; 2. April, 14–17 Uhr.