Nina Staehli spielt mit Assoziationen
Kunst & Baukultur
In der Galerie Billing in Baar zeigt die Zuger Künstlerin mit «Exit Right» ein Gesamtkunstwerk über ihren Kosmos und das Leben.
Baar – Eine leise Irritation steigt auf, weil die dominanten Figuren an den Wänden, die in blauen Anzügen frontal dasitzen, riesengrosse Köpfe tragen. Mit ihren Augen, die oft nur kleine schwarze Löcher sind, blicken sie in eine undefinierbare Richtung, und man fragt sich: Wer beobachtet hier wen?
Die «Big Heads», wie die Serie mit den grossen Drucken heisst, weisen einen menschlichen Körper auf, doch der Kopf könnte von einem Tier oder Ausserirdischen sein. Die Grenze zwischen Menschen und Tieren verschwimmt hier. «Der Mensch ist auch ein Säugetier», sagt schmunzelnd Nina Staehli an der Vernissage ihrer Ausstellung in der Galerie Billing in Baar vom Samstag. Diese «Big Heads» spielen auch in ihren Filmen eine Rolle und sind oft in ihrem Schaffen präsent: Alle tragen einen Namen, etwa Hero, Yoshi oder Bambi.
Tiefgründige Werke über unser Leben
In der Raummitte sind die Tonobjekte platziert, mit Hausformen ohne Fenster, umringt von skurrilen Glücksrittern. Häuser und Höhlen stehen bei Nina Staehli für Orte des Rückzugs und der Geborgenheit oder für Erinnerungen. Solche Themen spielen ebenso in den mit kräftigen Farben gemalten, expressiven Bildern mit schemenhaften Elementen eine Rolle.
Der Titel «Exit Right» der Ausstellung gibt keine Richtung vor, es geht hier sowie in den tiefgründigen Werken um das Leben, die Natur und unsere Wertvorstellungen. Nina Staehli gibt zu, dass sie sich intensiv mit Literatur und Philosophie befasst, und daraus grosse Verknüpfungen mit dem Leben folgert. «Die Hausformen stehen für unser eigenes Leben. Jeder verfügt über ein unermessliches Potenzial an Möglichkeiten, um seine Fantasie auszuleben.»
Aus philosophischen Schriften und der Dichtung erkenne man viel von der Welt. «Wenn ich das reflektiere, merke ich, dass in uns eine grosse schöpferische Kraft steckt. Damit spiele ich. Der Mensch liebt das Spiel. Doch das Leben ist geprägt von Veränderungen. Das ist ein Prozess, aber ich kann nur mir selber Kraft geben. Wer nicht bereit ist, kann sich nicht verändern.» Die «Big Heads» seien ein Spiel mit Assoziationen. «Der Raum soll bleiben, aber es geht mir auch um Werte, um immaterielle Werte. Alles will ich miteinander verflechten. Und solange ich Kraft habe, lebe ich und schaffe ich.»
Neues Video zu «Exit Right»
So ermöglicht uns Nina Staehli mit der raumfüllenden Installation einen Blick in ihren Kosmos, der nicht alles erklärt, sondern Raum für eigene Empfindungen lässt. Die Formen wie Haus und Höhle sind ihr für die Serien wichtig. Staunen lassen die vielen Ausdrucksformen und Techniken, zu denen auch ein intensives filmisches Schaffen gehört. Das neue Video Exit Right nimmt mit traumhaften, poesievollen Bildern in einer kargen Architektur die Themen auf, die sie beschäftigen: Wie in einem Theaterstück treten die 21 «Big Heads» darin auf, alle von der Künstlerin selber gespielt und kunstvoll miteinander verknüpft.
Gaby Billing sagt an der gut besuchten Eröffnung: «Nina Staehli war vor 13 Jahren bei uns zu Gast, ich freue mich, dass wir wieder etwas von ihrem Universum zeigen können. Ihre Werke regen an, über unsere Werte und das Leben nachzudenken». Sie wies zudem auf das neue Kunstbuch «The Resistance Part II» von Nina Staehli hin, welches anlässlich der Vernissage ebenfalls präsentiert wurde.
Die Künstlerin ist in Cham aufgewachsen, später lebte sie in Italien und Berlin. Seit einigen Jahren wohnt sie in Mendrisio, wo sich ihr Atelier in einer Fabrik befindet. Nina Staehli, die Schauspielerei und Bildhauerei studierte, verbindet in ihren Arbeiten Fotografie, Film, Literatur und Theater zu multimedialen Erlebniswelten. Sie konnte bereits zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland realisieren. (Text von Monika Wegmann)
Hinweis
Die Ausstellung von Nina Staehli läuft bis 5. Januar bei der Galerie Billing in Baar, Haldenstrasse 1, die Öffnungszeiten: Montag, Donnerstag und Freitag: 14 bis 18 Uhr, Samstag: 10 bis 16 Uhr.