Kirchenschatz findet seinen Platz

Kunst & Baukultur

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Die Sakristeischränke der Zuger Oswaldskirche bergen bedeutendes sakrales Kulturgut. Lange hat man nach einer Möglichkeit gesucht, dieses angemessen zu präsentieren. Schliesslich hat ein spontaner Gedanke zur Lösung geführt.

  • Kuratorin Elisabeth Feiler-Sturm leitete das Projekt Neupräsentation des Kirchenschatzes von St. Oswald. Bild: Stefan Kaiser (Zug, 25.2.25)
    Kuratorin Elisabeth Feiler-Sturm leitete das Projekt Neupräsentation des Kirchenschatzes von St. Oswald. Bild: Stefan Kaiser (Zug, 25.2.25)

Zug – Die Bedeutung der Zuger St.-Oswalds-Kirche spiegelt sich nicht nur in der Architektur und Ausstattung des eindrücklichen Gotteshauses aus der Spätgotik. Auch Beschaffenheit und Machart des liturgischen Gerätes, sprich des Kirchenschatzes, repräsentieren Stellung und Ansehen von St. Oswald als ein religiös-spirituelles Zentrum. Schon lange war es der zuständigen Pfarrei St. Michael und dem Kirchenrat ein Anliegen, den Kirchenschatz in einem würdigen Rahmen der Öffentlichkeit vorzeigen zu können. Doch sein bisheriger Aufbewahrungsort in der beengten oberen Sakristei war nur bedingt geeignet.

Etwa vor zwei Jahren nahm Elisabeth Feiler-Sturm, Kuratorin der Katholischen Kirchgemeinde, gemeinsam mit Sakristan Markus Jeck die Inspektion eines grossen Holzschrankes in der benachbarten Mariahilfkapelle, dem ehemaligen Beinhaus von St.Oswald, in Angriff. «Darin hatte sich allerlei Zeug angesammelt», sagt Elisabeth Feiler-Sturm. «Als wir aus diesem Sammelsurium Erhaltenswertes von Ausgedientem trennten, kam uns der Gedanke: Würde sich dieser riesige Schrank nicht etwa für die Präsentation der wertvollsten Stücke aus dem Kirchenschatz eignen?»

Die spontane Idee erwies sich schnell als idealer Weg für das lange ungelöste Problem. Der Schrank liesse sich technisch adaptieren, und die barrierefrei ­zugängliche Mariahilfkapelle eignete sich bestens für eine angemessene Präsentation. Der entsprechende Antrag stiess beim Kirchenrat auf Gegenliebe. Ein auf Vitrinenbau und Präsentationstechnik spezialisiertes Fachunternehmen stattete den Holzkasten mit einem feuerfesten Innenschrank und Panzerglas aus. «Eine besondere Herausforderung war die Wahl der Farbe für die Innenwände», erinnert sich die Kuratorin. Es sollte sich optisch in den historischen Kirchenraum einfügen. Zig Muster habe man gesichtet, aussortiert, verworfen ... Bis schliesslich mit einem dunklen Rotton die ideale Farbgebung gefunden war, die mit der historischen Holzdecke sowie der Rahmung der Gemälde harmoniert und das Gold und Silber voll zur Geltung bringt.

Zeugnisse höchster Handwerkskunst

Der Kirchenrat zeigte sich diese Woche bei einem Augenschein begeistert. Alle waren sich einig: Jetzt haben die wertvollsten Schaustücke endlich die «Bühne» erhalten, die ihnen gebührt. «Die qualitativ ausserordentlich hochwertigen und beeindruckenden Kunstschätze sind in dieser Art sehr rar», betont Elisabeth Feiler-Sturm. In der Tat: Die ausgesuchten Exponate – es sind aktuell 36 an der Zahl – sind von überwältigender Wirkung.

Allem voran die barocke Prozessionsfigur des heiligen Michael aus der Brandenberg’schen Werkstatt – ein repräsentatives Zeugnis hochvollendeter Handwerkskunst und somit von überregionaler Bedeutung. So auch das figurale Reliquiar des heiligen Oswald aus einer Schaffhauser Werkstatt oder ein ausdrucksvoller, ebenfalls silbergetriebener heiliger Sebastian. Zwei gotische Turmmonstranzen aus dem 16.Jahrhundert, eine monumentale Barockmonstranz mit reichem theologischem Programm und weitere figurale Schaustücke, von denen sich eines in einem Ölporträt wiederfindet, zählen zu den prominenten Hauptexponaten. Eine Auswahl an Kelchen, Ziborien und weiterem liturgischem Gerät welche die Bedeutung Zugs als ein ehemaliges Zentrum der Gold- und Silberschmiedekunst repräsentiert, ist dem funkelnden Schauspiel beigestellt.

Auf allen Ebenen alarmgesichert

Die Lösung mit dem Schrank ist insofern auch praktisch, als dieser in geschlossenem Zustand die Funktion der Kapelle als frei zugänglicher Andachtsraum nicht beeinträchtigt. Und was, wenn jemand auf die Idee kommen sollte, sich an dem Möbel mit kostbarem Inhalt zu schaffen zu machen? Elisabeth Feiler: «Absolut zwecklos. Sämtliche Schichten des Schrankes sind mit mechanischen Sicherungen und hochsensiblen Erschütterungssensoren ausgestattet, die bei jedem Versuch sofort Alarm auslösen.»

Am Sonntag um 11.15 Uhr wird der neue Präsentationsort für den Kirchenschatz von St. Oswald im Rahmen einer öffentlichen Feier eingesegnet und vorgestellt. Im Rahmen bestimmter kirchlicher Feste wird der Schatz jeweils zu sehen sein, abgesehen davon auf Anmeldung. Das Interesse an identitätsstiftendem Kulturgut ist jedenfalls vorhanden. Projektleiterin Elisabeth Feiler freut sich: «Wir haben bereits im Vorfeld Anmeldungen von zwei Schulklassen.» (Text: Andreas Faessler)