Die Neustadt – ältester Teil der Agglo

Dies & Das

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Einst entstand die Neustadt als Quartier mit klar geordneter Siedlungsstruktur. Sie entwickelte sich zum Zentrum einer Agglomeration, die an ihren Rändern bis an die Gemeindegrenzen von Baar, Steinhausen und Cham reicht.

  • Auf der historischen Fotografie von 1931 dominieren Wohnhäuser mit Giebeldächern das Bild der Neustadt. Das ganze Quartier wirkte damals rhythmisch bebaut und wohlproportioniert. Die Ansicht heute zeigt ein komplett verändertes Siedlungsbild. Stark verdichtet und scheinbar ungeordnet prägen moderne Baukörper unterschiedlicher Dimensionen das Stadtbild. (Bild PD/Stefan Kaiser)
    Auf der historischen Fotografie von 1931 dominieren Wohnhäuser mit Giebeldächern das Bild der Neustadt. Das ganze Quartier wirkte damals rhythmisch bebaut und wohlproportioniert. Die Ansicht heute zeigt ein komplett verändertes Siedlungsbild. Stark verdichtet und scheinbar ungeordnet prägen moderne Baukörper unterschiedlicher Dimensionen das Stadtbild. (Bild PD/Stefan Kaiser)

Zug – Seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wird das Quartier, das sich von der äusseren Post- und Baarerstrasse weiter gegen Westen ausdehnt, als «Neustadt» bezeichnet. Ausgangspunkt dieses neuen Stadtteils nördlich der Altstadt war die gegen Ende des 19. Jahrhunderts einsetzende Ansiedlung von Industriebetrieben wie der Email- und Metallwarenfabrik (1880), der Kistenfabrik (1900), der später als Indukta bekannten Glühlampenfabrik (1903) und der aus der Metallwarenfabrik hervorgegan­genen Verzinkerei Zug (1913). Ab 1897 wurde die Eisenbahnlinie von Zürich über Thalwil und Zug nach Arth-Goldau eröffnet. Dies hatte zur Folge, dass der alte Bahnhof durch einen weiter nördlich gelegenen Neubau ersetzt wurde. Begleiterscheinung der Industrialisierung war ein enormes Bevölkerungswachstum: Zwischen 1850 und 1920 hat sich die Einwohnerzahl der Stadt Zug von 3300 auf 9500 beinahe verdreifacht.

Auf der um 1931 vom Guggi aus aufgenommenen historischen Fotografie fällt als Erstes der quer durch das Bild verlaufende Bahndamm auf, der das Auge zum 1897 erbauten Bahnhof am rechten oberen Bildrand führt. Das Gebiet auf der rechten Seite des Damms ist geprägt von Wohnhäusern mit Giebeldächern, so etwa dem 1925 errichteten Haus Guggiweg 4b im mittleren Bildvordergrund. Auf der linken, nicht sichtbaren Dammseite verläuft die Poststrasse, die sich unter den Viaduktbögen hindurch rechts der Bahnlinie weiterzieht. Von dieser Strasse an in Richtung Bildhintergrund öffnet sich der Blick auf die Neustadt.

Die rechtwinklig angelegten Strassen sind von diversen Wohn-, Geschäfts- und Fabrikbauten gesäumt. Einige Bauten sind besonders augenfällig, so der links der Bildmitte sichtbare Kirchturm. Er gehört zur zwischen 1902 und 1906 erbauten reformierten Kirche. Unmittelbar dahinter steht das Neustadtschulhaus (Bundesstrasse 2), ein stattlicher Bau mit hohen Schweifgiebeln, der 1908/09 von den bekannten Zuger Architekten Dagobert Keiser und Richard Bracher errichtet wurde. Ebenfalls von Keiser und Bracher sind die beiden Wohn- und Geschäftshäuser «Phönix» und «Oppliger» (Bahnhofstrasse 23/25) von 1928/29, links der Bildmitte als mehrgeschossige Flachdachbauten erkennbar. Das ganze Quartier wirkt rhythmisch bebaut, die Häuser mit ihren Giebeldächern wohl proportioniert. Bebauung und Abstände, teilweise begrünt, wechseln sich stimmig ab. Im Hintergrund ist die noch gänzlich unbebaute Lorzen­allmend sichtbar. Das Dorf Steinhausen scheint in einem Meer von Bäumen zu verschwinden.

Auf der aktuellen Fotografie zeigt sich das Gebiet der Neustadt gänzlich verändert. Es dominieren mehrgeschossige, flach gedeckte Geschäfts- und Wohnbauten aus den 1970er-Jahren, die als massive Querriegel die Poststrasse säumen. Dahinter sind diverse weitere flach gedeckte Bauten in allen Dimensionen zu sehen. Ihre buchstäblichen Höhepunkte finden sie in den beiden jüngst errichteten Hochhäusern Uptown (links) und Park Tower (rechts). Das Quartier hat sich zu einer engen Siedlungszone verdichtet, die von mächtigen Baukörpern dominiert ist. Scheinbar ungeordnete Bebauung zieht sich weit in den einst grünen Hintergrund. Hinter mächtigen Fassaden blinzeln die protestantische Kirche, das Neustadtschulhaus und das Haus Phönix hervor rar gewordene alte Bekannte aus der Zeit, als die Neustadt noch neu war. Und als beständiger und ruhender Pol überdauerte das Haus Guggiweg 4b im Bildvordergrund.

Die Neustadt, Ende des 19. Jahrhunderts als Stadtquartier angelegt, grenzte sich noch deutlich vom weitgehend unbebauten städtischen Umland ab. Heute ist diese einst klare Grenze längst ausgefranst. Und die Neustadt, das ehemalige Aussenquartier, hat sich durch Verdichtung und Blockrandbebauungen zur City verändert, in der die ursprüngliche Bausubstanz bis auf wenige Zeitzeugen fast gänzlich ersetzt worden ist. Ob die noch wenigen, jüngst gebauten und weit in den Himmel ragenden Hochhäuser Vorboten einer neuen Neustadt sind? (Brigitte Moser)

Hinweis
Die «Neue Zuger Zeitung» begleitet «Zeitbild», die Plakatausstellung von DNS-Transport Zug in Zusammenarbeit mit dem Amt für Denkmalpflege und Archäologie, Direktion des Innern, und der Stadt Zug.