Ein Konzert wie eine Fussballpartie
Musik
Die Stubete Gäng trat vor 1000 Fans in der Heimstätte des SC Cham auf. Unsere Zeitung konnte hinter die Kulissen blicken.
Cham – In der Kabine des SC Cham riecht es so, wie es in einer Kabine riechen sollte: nach Schweiss und Triumph. Nur, dass die Mannschaft, die sich hier nach ihrem Heimspiel umzieht, keine Stollenschuhe und Schienbeinschoner trägt, sondern rote Jacken, Mikrofone und Instrumente.
90 Minuten dauerte die hochemotionale Partie, in der die heimische Mannschaft die Spannung stets hochhielt. Flauten blieben aus. Dass es so kommen könnte, darauf deutete bereits die Gelassenheit im Vorfeld der Austragung hin: In der Kabine nahmen die Männer ihre letzte Stärkung ein, sie spielten mit ihren Kindern und scherzten mit ihren Frauen. Erst kurz vor Anpfiff kam eine gewisse Hektik auf, nicht panisch, bloss aufgeregt. Schliesslich wollte das Team vor seinem vertrauten Publikum abliefern. Und das tat es.
Wahrlich, das Konzert der Stubete Gäng in Cham war wie ein Fussballspiel. Gleich wie im Sport kam die siebenköpfige Band ins Schwitzen und verwandelte die Zuschauenden in eine lachende und johlende Menge. Frontsänger Aurel Hassler beschreibt es so: «Die Vorbereitung für ein Konzert ist ziemlich ähnlich wie die für einen Match. Wir ziehen uns um, machen uns warm und müssen während 90 Minuten voll fokussiert sein.»
Vom Fussballspieler zum Chartsänger
Viele Jahre seiner Kindheit spielte der heute 39-Jährige beim SC Cham. Unzählige Male stand er in jener Umkleidekabine, die am Freitagabend als Backstagebereich der Band dient. Jetzt wieder hier zu sein, in anderer Rolle als damals und mit Menschen im Publikum, die ihn zu jener Zeit begleitet hatten, das bewege ihn. «Ich habe unglaublich viel von damals mitgenommen», sagt Aurel Hassler. «Heute kann ich etwas zurückgeben.»
1000 Tickets wurden für das Konzert in der Heimstätte des SC Cham, dem Eizmoos, verkauft. Bis ganz nach hinten ist die Wiese neben dem Fussballfeld gefüllt, rund 60 Freiwillige brauchte es, um das Konzert auf die Beine zu stellen. Es sei unter anderem genau das, was den Klub ausmache, sagt Aurel Hassler: Eine solche Veranstaltung hauptsächlich mit ehrenamtlicher Hilfe durchführen zu können. Es zeigt sich: Die Freiwilligen haben Grosses geleistet. Verpflegungsstände säumen die Wiese, dazwischen sind zahlreiche Bänke und Tische ausgestellt. Lichterketten unter den Sonnenschirmen sorgen für ein gemütliches Ambiente. Das Konzertticket hatte seinen Preis, «einen stolzen», wie auch Aurel Hassler einräumt. 54 Franken kostete es, jedoch vertraue man in dieser Sache voll und ganz auf das eigene Management. «Es ist wie immer in der Wirtschaft. Steigt die Nachfrage, steigt der Preis», sagt der Sänger. Und die Nachfrage, das zeigt auch das ausverkaufte Konzert im Eizmoos, die ist da.
So nah zu Hause waren sie noch nie
Auch Aurels Bruder, Moritz Hassler, war einst Spieler des SC Cham. Er weiss, dass er im heimischen Publikum viele vertraute Gesichter sehen wird. Rund 300 Konzerte spielte die Band in den vergangenen fünf Jahren, vor riesigem Publikum und gar im Ausland. «Aber so nah an zu Hause waren wir noch nie», sagt er. Und das mache ein wenig nervös. Dieses Konzert «dihei» habe mehr Wellen vorausgeschickt als andere. Er wisse beispielsweise von einigen Bekannten, die kämen, weil ihre Kinder grosse Fans der «Gäng» seien.
Von dieser Nervosität ist vor dem Auftritt kaum etwas zu spüren. Das gemeinsame Einsingen findet im Kreis statt, der enger und enger wird, bis die Stubete Gäng und einige Mitglieder ihres Teams die Arme umeinander legen können. Die Vorfreude ist fast greifbar, der Moment intim, kurz bevor 2000 Augen voller Erwartung auf die Musiker gerichtet sein werden.
Und diese Erwartungen werden erfüllt. Denn das Konzert zeigt: Die Männer sind hochprofessionell, geben alles in die Show, bringen das Publikum zum Tanzen, zum Singen, zum Klatschen. Aurel Hassler fordert es auf, hin- und herzuwippen. Das sei schliesslich der «schweizerische Kompromiss», mal so, mal so, das liege im Blut. Und siehe da: Die Menschen wippen von links nach rechts, eine wogende Masse im Einklang mit dem «urbanen Ländler», wie die Stubete Gäng das Genre umschreibt, das es für sich proklamiert hat. Zum Dank für das Konzert wird in der vordersten Zuschauerreihe ein Banner gezeigt: «Willkomme dihei!» steht darauf geschrieben. Im Hintergrund schwingt die Fahne des SC Cham.
Nach 90 Minuten wird abgepfiffen. «Eine vo eus, eine vo eus!», johlt der Fanblock des Fussballklubs, der sich direkt vor der Bühne platziert hat, Aurel Hassler zu. Dieser richtet das Wort an das Publikum, aber vor allem an den Verein, der seine Kindheit und somit sein gesamtes Dasein geprägt hat. Seine Worte: «Im Leben geht es auch darum, das eigene Herz zu verschenken, und das tut ihr in diesem Verein.»
Jedes Bandmitglied kennt seine Rolle
Doch mit dem Konzertende sind noch nicht alle Pflichten der Bandmitglieder erfüllt. Die Fans warten – und es sind viele. Alt und Jung hält Shirts und Mützen hin, die unterschrieben werden sollen, Fotos und Handschläge werden gewünscht. Das Gedränge vor der Absperrung ist gross, die Schreie nach den beiden Frontsängern laut. Sie nehmen sich Zeit, verweilen dann noch bei ihren Fans, als die restlichen Bandmitglieder bereits umgezogen sind. Und erneut zeigt sich: Jedes Mitglied dieser Gruppe kennt seine Rolle, seinen Platz. Und alle scheinen damit einverstanden.
Die Gelassenheit, die bereits vor dem Konzert in der Umkleidekabine geherrscht hat, zieht sich nun weiter. Sie ist Resultat einer fest eingeübten Routine. Und, wie Tourmanagerin Julia Britschgi sagt, auch einfach dem Naturell der Hasslers zu verdanken. «Sie haben die Fähigkeit, alles so zu nehmen, wie es kommt, und das cool zu finden», sagt sie.
«Weni di vor mier gsehne obe am Rand vom Städtlerwald de wünschi mir sehnlichst üsi Liebi hebt no lang»
So lautet eine Strophe aus dem Lied «Nummer Eis – SC Cham», das die Stubete Gäng für den Club geschrieben hat. Nach dem Konzert im Eizmoos darf man sicher sein: Diese Liebe endet nicht. (Text von Kristina Gysi)