Mit Buxtehude und Bach ins Finale

Musik

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Der Göttinger Organist Stefan Kordes überzeugte zum Schluss der 42. Internationalen Zuger Orgeltage mit einem breit gefächerten Programm. Er interpretierte stilistisch variierende Werke aus vier Jahrhunderten.

  • Organist Stefan Kordes an der Orgel der Pfarrkirche St. Jakob in Cham. Er schloss das Konzert mit einer Zugabe von Oscar Lindberg. Bild: Matthias Jurt (25. 6. 2024)
    Organist Stefan Kordes an der Orgel der Pfarrkirche St. Jakob in Cham. Er schloss das Konzert mit einer Zugabe von Oscar Lindberg. Bild: Matthias Jurt (25. 6. 2024)

Cham – Einer der ersten richtigen Sommertage des laufenden Jahres, unmittelbar vor Konzertbeginn dann doch noch ein Gewittter, an der Orgel ein sehr versierter, aber dem Publikum dem Namen nach kaum bekannter ausländischer Virtuose: alles eigentlich schlechte Voraussetzungen für einen Konzertbesuch. So waren die rund 50 Leute in der grossen Chamer Kirche St. Jakob aber durchaus ein respektables Publikum, wie der Haupt-Initiant Olivier Eisenmann in seinen Einleitungsworten feststellte.

Die auswärtigen Interpreten werden jeweils geheissen, in ihren Programmen immer ein gehöriges Stück Musik aus ihrem Herkunftsland einzubringen. Für den Deutschen Stefan Kordes war das natürlich kein Problem. Die beiden grössten Orgelmeister des Barocks, Dietrich Buxtehude und Johann Sebastian Bach, waren ja Deutsche. Die weitere Werkauswahl brachte Kompositionen von Georg Muffat, den beiden Bach-Söhnen Carl Philipp Emanuel und Wilhelm Friedemann sowie von Felix Mendelssohn und Wolfgang Amadeus Mozart.

Buxtehude – mehr als Bachs Wegbereiter

In nur einem halben Tag Angewöhnungszeit hatte sich der Gastsolist mit der Chamer Orgel erstaunlich intensiv angefreundet. Die opulente Disposition bot reichlich Kom- binationsmöglichkeiten von wuchtigen Einsätzen der Zungenregister im Pedal bis zu fein gestalteten Läufen mit weit und eng mensurierten Labialregistern. Geschickt vermied er den gehäuften Einsatz von Mixturen bei schnellen Figuren, wie sie in der halligen Akustik für das Publikum nicht nachvollziehbar gewesen wären.

Bach und Buxtehude bildeten im Programm die Eckpunkte. Gerade die Wiedergabe durch Stefan Kordes betonte die kompositorischen Leistungen Buxtehudes; er war viel mehr als ein blosser Wegbereiter von Johann Sebastian Bach. Der älteste Bach-Sohn Wilhelm Friedemann blieb mit den gespielten drei Fugen in der Nähe der Stilprinzipien seines Vaters, während die Kompositionen von Carl Philipp Emanuel meist der Mannheimer Schule zugerechnet werden, obwohl er selber nie in dieser Stadt gelebt hatte.

Felix Mendelssohn fühlte sich zeitlebens emotional mit dem ein Jahrhundert früher wirkenden Johann Sebastian Bach verbunden. Seine Variationen W 32 übernahmen den gleichen harmonischen Reichtum und die oft komplexe Verflechtung der Stimmen. Trotzdem gab ihnen der Interpret einen anderen Klangcharakter bis hin zu einem diskreten Tremolo am Schluss. Durch seine immer wieder zitierte Wiederaufführung der Matthäuspassion (1829) leitete Mendelssohn ja bekanntlich die romantisierende Barock-Interpretation ein, welche erst seit wenigen Jahrzehnten von den so genannt historischen Wiedergaben infrage gestellt wird.

Nachromantischer Abschluss

Das Andante KV 616 von Mozart erklang wie das Original für Orgelwalze ohne einen einzigen Registerwechsel. Der Interpret erlaubte sich aber doch einige Freiheiten in der rhythmischen Gestaltung, was die Stimmung vom rein mechanischen Abspielen näher in den Bereich der späten Opern rückte. Der ungewohnt diskrete Abschluss der Bach-Fuge BWV 564 liess den Einsatz des Applauses zunächst etwas zögern. Dann aber bedankte sich der Organist mit der Zugabe eines Psalms von Oscar Lindberg (1877–1955), welcher in eine voll nachromantische Klangwelt führte.

Die 42. Internationalen Zuger Orgeltage 2024 sind mit dieser Zugabe definitiv verklungen; Olivier Eisenmann und Verena Steffen arbeiten aber bereits intensiv an den Orgeltagen 2025, welche wiederum im Mai/Juni stattfinden sollen. (Text von Jürg Röthlisberger)