Wer hat hier wem ein Ei gelegt?

Kunst & Baukultur

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Das österliche Eierverstecken würde mit diesen Exemplaren schwierig: Auf dem Areal des Riedmatt-Schulhauses in Zug haben vier riesige «Zauber-eier» ihren fixen Platz. Sie sind das Werk einer Chamer Künstlerin.

  • Die «Zauber-Eier» von Nina Stähli auf dem Schulareal Riedmatt sind zwei Meter hoch und begehbar. (Bild Jan Pegoraro)
    Die «Zauber-Eier» von Nina Stähli auf dem Schulareal Riedmatt sind zwei Meter hoch und begehbar. (Bild Jan Pegoraro)

Cham – Als hätte ein monströser Flugsaurier das Primarschulareal Riedmatt für seine Brut auserwählt: Auf der begrünten, baumbestandenen Fläche zwischen Sporthalle und Sportplatz liegen respektive stehen vier grosse eiförmige Gebilde in mehreren Metern Abstand zueinander.

Das Skulpturenquartett mit dem Werktitel «Zauber-ei» ist 2001 zeitgleich mit dem Neubau der Schulanlage im Rahmen der Umgebungsgestaltung entstanden, Die Künstlerin dahinter ist Nina Stähli, gebürtige Chamerin. Sie hat ihre je knapp zwei Meter langen Objekte mit einem Durchmesser von ungefähr 1,20 Metern ganz unterschiedlich platziert: liegend, stehend, zur Seite gekippt, so, als wären die Eier hier ganz zufällig gelandet – oder verloren gegangen.

Aus Aluminium und mit einer Öffnung

Die Zaubereier scheinen zunächst massiv und muten entsprechend gewichtig an. Doch sind sie aus Aluminium gefertigt und inwendig hohl. Von der eigentlichen Schauseite nicht erkennbar, verfügt jedes der Eier über eine Öffnung – eines gar über zwei –, die gross genug ist, dass eine Person durchpasst. So werden die Eier begehbar, bieten Schutz, als würde man – symbolisch – in die pränatale Unversehrtheit zurückkehren.

Die wie willkürlich hier platzierten Eier strahlen etwas Geheimnisvolles aus und geben dem Areal angesichts der klaren Formen der Gebäude einen entsprechenden Akzent.

Die Riedmatt-Schulkinder sind damals in den Entstehungsprozess der vier Skulpturen mit einbezogen worden: Basierend auf Nina Stählis gleichnamiger Märchenerzählung «Zauber-ei» entwarfen die Kinder Zeichnungen, welche sich auf die Geschichte beziehen.

In einem Auswahlverfahren wurden anschliessend einige der Zeichnungen ins Gipsmodell der Skulpturen geritzt. Nach dem Aluminiumguss waren sie schliesslich auf der Oberfläche des fertigen Kunstwerks verewigt und sind beim Nähertreten erkennbar. Eier bemalen einmal anders, möchte man sagen.

1961 geboren und in Cham aufgewachsen, zog es Nina Stähli im Alter von 22 Jahren nach Rom, wo sie die Theaterschule absolvierte. Ab 1988 studierte sie Bildhauerei in Zürich. Ab 1997 bildete sie sich weiter in Italien. Ihr Handwerk verfeinerte Nina Stähli im Rahmen mehrerer Atelier- und Studienaufenthalte im Ausland.

Nina Stählis Arbeitsweise beschränkt sich explizit nicht auf ein bestimmtes Medium, sondern die Künstlerin will bewusst aus der Gesamtheit an Techniken in der bildenden Kunst schöpfen. Entsprechend breit gefächert ist ihr Oeuvre, in dem experimentelle Ansätze einen wesentlichen Teil ausmachen. Durch diese gestalterische und schöpferische Vielseitigkeit bewegt sich die Künstlerin auf vielen Ebenen, sucht dabei die erzählerische Dramaturgie und schafft sich so ihren ganz persönlichen Kosmos.

Die Chamerin war bis 2021 hauptsächlich in Berlin und Luzern tätig. Heute lebt und arbeitet sie in Mendrisio. (Text von Andreas Faessler)

Hinweis
In der Serie «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fund­stücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.