«Das Licht ist in uns allen drin»
Dies & Das
Der 62-jährige Gerry Hofstetter verkaufte mit 15 Jahren selber gemalte Bilder. Später machte er in der Finanzwelt Karriere. Als ihn die Welt der Zahlen nicht mehr interessierte, gab er seinem Leben einen neuen Kick. Dies brachte ihm nun den Genuss-Film-Award ein.
Zug – Künstler müssen für ihr Tun Feuer und Flamme sein. Diese Voraussetzung bringt Gerry Hofstetter bis in die letzten Kapillaren mit. Wer mit ihm spricht, merkt schnell, dass er einen positiv denkenden Menschen vor sich hat: Da ist einer auf verschiedenen Missionen – als Lichtkünstler und Filmer – und das erst noch gleichzeitig. Chaos bricht aber deswegen nicht aus. Da hilft Hofstetter, dass er sich im Laufe der Jahre ein grosses Netzwerk aufgebaut hat. Er zieht die Fäden, ist für das grosse Ganze verantwortlich und weiss, dass seine helfenden Hände ebenso vom inneren Feuer beseelt sind wie er.
Das hat sich im Frühjahr 2024 exemplarisch gezeigt. Die ihm zugetragene Idee: Es ist sechzig Jahre her, dass wichtige Szenen für den vielleicht besten James-Bond-Film «Goldfinger» im Furkagebiet gedreht wurden. Das galt es, in Würde zu feiern. Eine Wiederholung der rasanten Fahrt des Titelhelden auf den Furkapass war aber aus verschiedenen Gründen nicht möglich.
Alte Bond-Geschichten werden lebendig
Das ist das perfekte Parkett für den Lichtkünstler Gerry Hofstetter, um in Fahrt zu kommen. Er drückte innert kürzester Zeit die richtigen Knöpfe, scharte eine Crew um sich und organisierte die notwendigen Bewilligungen. Nebenbei schrieb Hofstetter noch das Drehbuch. Innerhalb kurzer Zeit war der rund zwölf Minuten dauernde Kurzfilm gedreht und geschnitten.
Die bewegten Bilder sind mit der Goldfinger-Titelmelodie von Shirley Bassey untermalt und haben bei manchem ergrauten Zuschauer im Kino Seehof in Zug alte Bond-Geschichten wieder lebendig gemacht oder gar erschauern lassen. Auf diese oder jene Weise dürften die Anwesenden, die im Anschluss ins Festzelt am Zugersee geladen waren, schnell von anderen Dingen gesprochen haben. Wie immer bei solchen Gelegenheiten des Zuger Genuss-Film-Festivals ist ein Starkoch im Einsatz.
Mit Goldfinger auf der Überholspur
Das in Andermatt realisierte Bond-Projekt ist das neueste Lichtwerk des Zürchers. Für grosse Resonanz sorgte Hofstetters-Projekt des beleuchteten Matterhorns im Frühjahr 2020. Kurze Zeit vorher hatte das Coronavirus das öffentliche Leben in der Schweiz praktisch lahmgelegt. Auch die internationale Presse interessierte sich für dieses Projekt. Hofstetter wollte das von ihm erzeugte Lichtspektakel als «Zeichen der Hoffnung» interpretiert haben. Zu sehen war unter anderem ein Herz, die Worte «Hoffnung», die Schweizer Fahne, die US-Flagge, aber auch diejenige von Indien und China.
Dazu hält Hofstetter fest: «Ich hatte mit 15 Jahren den Plan, etwas für die Menschheit zu tun.» Mit solchen Aktionen gelingt es ihm immer wieder, die Menschen zu begeistern. Die Matterhorn-Präsentation erwies sich für den 62-jährigen Künstler als Türöffner für ein anderes Projekt: Hofstetter will seit 20 Jahren das indische Taj Mahal mit seinem Lichtspiel in verschiedensten Tönen erstrahlen lassen. Jetzt ist die Bahn dazu frei. Gerry Hofstetters Tatendrang bleibt seinen Zeitgenossen also erhalten.
SOS-Zeichen soll aus dem All sichtbar sein
Im kommenden Jahr will er die nächste Wegmarke setzen. Im Auftrag der UNO – 2025 ist das Jahr des Gletschererhalts – plant er im Auftrag der Organisation, auf allen Erdteilen je einen Gletscher mit seinem Licht zu bestrahlen. Das SOS-Zeichen soll auch aus dem All sichtbar sein. Der Filmemacher sagt ruhig, aber bestimmt: «In 80 Jahren sind 80 Prozent der Gletscher weg. Und damit auch das Wasser.» Bilder, die alle Menschen verstehen. Der Lichtkünstler will dann unbedingt noch etwas loswerden: «Die Menschen haben alle das gleiche Bedürfnis. Sie wollen wahrgenommen werden. Zudem ist das Licht in uns allen drin.»
Hofstetter spricht aus Erfahrung. Er hat auf 87 Länder der Welt seine Füsse gesetzt. Es gibt zwar noch viele Länder mehr, aber Hofstetters Querschnitt stimmt. Seine Botschaften will er mit Bildern, die alle verstehen, möglichst breit streuen. Der Zürcher findet: «Eine emotionale Geschichte.» Ein würdiger Preisgewinner am Genuss-Film-Festival ist der Lichtkünstler mit einem Faible für den Film so oder so. (Text: Marco Morosoli)