Körper, Raum, Zeit in Beziehung setzen

Kunst & Baukultur

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Das Kunsthaus Zug zeigt in der neuen Ausstellung «Turning Tide» drei regionale Kunstschaffende.

  • Claudia Kübler beim Aufbau ihres Kunstwerkes «How slow to go». Bild Matthias Jurt (Zug, 24.10.2024)
    Claudia Kübler beim Aufbau ihres Kunstwerkes «How slow to go». Bild Matthias Jurt (Zug, 24.10.2024)
  • Die «Sternwarten» von Sara Masüger. Bild Matthias Jurt (Zug, 24.10.2024)
    Die «Sternwarten» von Sara Masüger. Bild Matthias Jurt (Zug, 24.10.2024)
  • Jonas Burkhalter mit seinem Wal-Mobile «Deep Sleep». Bild Matthias Jurt (Zug, 24.10.2024)
    Jonas Burkhalter mit seinem Wal-Mobile «Deep Sleep». Bild Matthias Jurt (Zug, 24.10.2024)

Zug – Wir sind hier herausgefordert, aber es lohnt sich, offenen Geistes auf die neuen Strömungen in der zeitgenössischen Kunst zu reagieren. Einen Querschnitt dieses Schaffens zeigt das Kunsthaus Zug ab diesem Samstag, 26. Oktober, mit den Installationen und Werken von Jonas Burkhalter (* 1983, Zug), Sara Masüger, (*1978, Baar), und Claudia Kübler (*1983, Zürich). Passende Objekte der Sammlung sowie zwei kantonale Leihgaben ergänzen die Werkschau.

Für ihre künstlerische Sprache brauchen die drei Protagonisten weder Leinwand noch Farbpalette, sondern andere, zum Teil ungewohnte Materialien: So werden die technischen Möglichkeiten ausgelotet und verschiedene Medien einbezogen. Zum Titel «Turning Tide» – was so viel wie Gezeitenwende bedeutet – geht es darum, Körper, Zeit und Raum in eine Beziehung zu stellen. In der von Jana Bruggmann kuratierten Ausstellung kann das für Spannung oder auch Irritationen sorgen.

Schwierige Prozesse bei der Herstellung

Der Rundgang mit der Kunsthistorikerin Fabienne Loosli beginnt im Südflügel, dessen beide Räume von Sara Masüger bespielt werden. Zwei grosse schwarze Tropfen, die an den markanten Balken hängen, sind der erste Blickfang. Spielerisch angeordnete kleinere Versionen aus Eisen und Epoxid sind an den Wänden zu sehen.

Die Farbe Schwarz setzt sie in vielen Objekten bewusst ein, oft auf vorgegebenen Unterbauten. Während sich die arrivierte Bildhauerin früher intensiv mit dem Körper und seinen inneren Zuständen befasst hat, setzt sie den Fokus nun stärker auf die Frage nach dem Material und seiner Beziehung zum Raum. Selbst vor schwierigen Herstellungsprozessen, wie sie das Giessen erfordert, scheut sie nicht zurück, wie die Skulpturen-Serie «Sternwarte III» zeigt, bei der es um den menschlichen Körper geht.

Laut Loosli erinnert Masüger hier an die Plejaden und die Geschichte um die sieben Schwestern. Die morbid wirkenden Skulpturen lassen durch die changierenden Oberflächen die Körper und Gesichter erahnen, weisen aber auf die Vergänglichkeit hin. Das frühere Thema rund um einzelne Körperteile ist mit «Hand»-Exponaten aus Acrylglas und Epoxid vertreten, ebenso mit dem raumfüllenden surrealen Objekt «Inside Out 24».

Experimentieren und Forschen

Jonas Burkhalter ist dagegen fasziniert von komplexen Systemen und dem Prozess des Entstehens. Ein Beispiel ist die Fichtenplatten-Serie, bei der es ihm auch um Balance geht. Oft sind es Elemente des Alltags, die er einbezieht und neugestaltet, wie der japanische Bettrahmen in «Dream», den er wie ein Floss umgestaltet.

Und aus Teilen eines gesunkenen Segelschiffes wird bei ihm eine eigenwillige Installation. Zum Wellenmotiv passt auch die Serie der senkrecht schwebenden Pottwale, die gemäss Kunsthistorikerin Loosli scheinbar so schlafen. Seine Vielseitigkeit zeigen zudem die farbigen, raumverbindenden «Spears» sowie die Fotoserien, beispielsweise mit dem Bild des ungewohnt leeren New Yorker Times Square während der Coronazeit.

Dem Experimentieren und Forschen rund um die Zeit widmet sich ebenso Claudia Kübler, verbunden mit spielerischen Elementen. Neben einer «sprechenden Uhr» und den Ton- und Holzarbeiten an den Wänden präsentiert sie gerne ihren Werktisch mit dem Zyklus «Zeit».

Darauf liegen Dutzende von Steinen in diversen Grössen, die sie jedoch technisch so ausgerüstet hat, dass sich die oberen Hälften drehen können, in verschiedenen Geschwindigkeiten – von kaum wahrnehmbar bis klar sichtbar. Sie sagt: «Nichts ist für die Ewigkeit, das Flüchtige ist der Gegenpol, das setzte ich bewusst mit dem Material um.»

Langfristig begleiten und fördern

Direktor Matthias Haldemann erklärt, dass die Ausstellung in Zusammenhang mit der Aufgabe des Hauses stehe, interessante Kunstschaffende mit Bezug zur Region langfristig zu begleiten. Das wird auch von der öffentlichen Hand gefördert. «Sara Masüger erhält nun ein grösseres Format für die Präsentation ihrer Arbeiten. Jonas Burkhalter war als Stipendiat und Techniker hier im Haus und kann jetzt grössere Werke zeigen. Kontinuität und Vernetzung ist ein Feld, das wir pflegen. So wie bei Jonas Burkhalter und Sara Masüger, die gemeinsam an der Hochschule Luzern studierten, und Claudia Kübler passt gut zum Thema. So kann sich die Geschichte weiterentwickeln. Ich finde die Ausstellung mit diesen jüngeren Kunstschaffenden besonders reizvoll.»

Hinweis Die Ausstellung «Turning Tide» ist vom 26. Oktober bis 5. Januar im Kunsthaus Zug zu sehen. Infos: www.kunsthauszug.ch


(Text: Monika Wegmann)