Zug hat Dichter und Träumer
Literatur & Gesellschaft, Musik
«Käs Änd» heisst die Hommage an den Zuger Lyriker und Autor Max Huwyler, der oft in Dialekt schrieb.
Zug – Zwei Jahre ist es nun her, dass Max Huwyler 92-jährig gestorben ist. In Zug geboren und aufgewachsen, liess er sich zum Sekundarlehrer ausbilden. Neben seiner Lehrtätigkeit begann er, Erzählungen, Hörspiele, Theaterstücke, Gedichte und Kinderbücher zu verfassen.
Im Alter von 50 Jahren publizierte er sein erstes literarisches Werk, «Würfelwörter». Später folgten «Föönfäischter», «De Wind hed gcheert», «öppis isch immer», «Das Zebra ist das Zebra», «Mitunter überleben», «Jakobs Auswanderungen». Die Mundart stand stets im Zentrum: Huwyler untersuchte in seiner Lyrik das Charakteristische der Zuger Sprache und befasste sich mit der Geschichte und Gesellschaft Zugs.
Hommage als Collage
Die Huwyler-Hommage «käs Änd», die am Sonntagabend in der Kirche St. Johannes von der City Kirche Zug und den beiden Zuger Chören Cantori Contenti und Xang produziert wurde, offenbarte während 100 Minuten die Qualitäten dieser Zuger Lyrik: seelische Tiefe und philosophische Fülle, Sprachspiel und Sprachwitz, zeit- und gesellschaftskritisches Potenzial. Max Huwylers Gedichten zu lauschen, bedeutete auch an diesem Abend, immer wieder überrascht zu sein, wie sehr sich der Blick auf Mensch und Welt verschieben kann – wenn man es nur ein wenig anders sagt. Wenn man die Sprache auseinandernimmt, neu zusammenfügt, verdichtet.
Unter der humorig-feinen Moderation des Journalisten Beat Holdener fand die Begegnung mit diesem Werk in Form einer Collage statt, die so unterhaltsam war, dass die Zeit traumartig dahinflog. Ein Chorraum, grosse Bild- und Videoprojektionen an der Rückwand, kleine Textprojektionen mittels Hellraumprojektor, zwei Rednerpodeste mit Mikrofon, ein Haufen Bücher, ein paar Kinderbuch-Gemälde – dies war die Bühne.
Die beiden Chöre strömten herein, füllten den Raum mit den selbstironischen Wörtern aus dem Gedicht «Karriere im Diminutiv»: «äs töpfli – schätzeli – ufstellerli – schieberli – gratifikatiönli – freudeli – konkürsli» – was soll’s, am Ende steht doch nur «ä schöni beerdigung». Später kamen weitere Huwyler-Vertonungen hinzu, die meisten von seinem Freund, dem Luzerner Musiker Mani Planzer.
Das Josefslied zum Beispiel. Planzers Witwe Silvia war da: Sie und Holdener lasen Gedichte, sie links auf Hochdeutsch, er rechts in Mundart. Themen waren der Tod, der Glaube, die Heimat, das Schweizer Sturmgewehr, Zug und sein See, Zug als Steuerparadies, Schweizer Politik, Tschernobyl. Katharina Schwarze am Cello untermalte die Collage musikalisch, verschaffte dem Publikum Zeit zum Atmen. Dann durften die Zuschauer auch selbst mitsprechen – Zeilen aus «I de bäiz» und «huere».
Dichten und Träumen
Ehemalige Weggefährten Huwylers traten auf und kamen zu Wort: als Videoaufzeichnung etwa Franz Hohler, der Akkordeonspieler Hans Hassler oder die ehemalige Burgbachkeller-Leiterin Annelies Ursin; «Cabrietist» Osy Zimmermann hingegen live mit seiner Ukulele. Und schliesslich reagierten zwei Jungkünstler auf die Huwyler-Lyrik, transponierten sie gleichsam in die heutige Zeit.
So der Erzähler und Kinderbuchautor Severin Hofer in den «Tierischen Tischgeschichten», die er mit schräger Fantasie körpersprachlich umsetzte. Der Rapper «Weibello» (Fabian Weibel) schliesslich nahm Huwylers «ein gedicht geträumt» zum Anlass, von einer eigenen lyrischen Schöpfung zu träumen, welche Kriege beenden und die Welt retten könnte, die ihm beim Erwachen jedoch einfach nicht mehr einfällt.
Zug hat Dichter und Träumer mit hellwachem Sensorium – die Collagen-Hommage zu Ehren von Max Huwyler stellte dies klar. Und fand ihren ästhetischen Abschluss mit vier «Jahreszeiten», vertont von Cyrill Schürch, dargeboten noch einmal vom Doppelchor unter einem fast szenisch dirigierenden Davide Fior. (Text von Dorotea Bitterli)
Hinweis
Die Hommage an Max Huwyler «Käs Änd» findet nochmals statt am 26. Januar um 17 Uhr in der Langhuus-Kulturfabrik Cham. Infos über Begleitveranstalungen (Hörstationen und Buchausstellung) bis zum 31. Januar sind zu finden auf www.maxhuwyler.ch.