Ein schielender Kantonsratspräsident

Brauchtum & Geschichte

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Auch im Jahr 2024 sind reichlich Geschichten von Menzingerinnen und Menzingern zusammengekommen, um daraus die Fasnachtszeitung «Bergspiegel» zusammenzustellen.

  • Auch im «Ochsen» wurden die «Bergspiegel»-Geschichten am Freitag zum Besten gegeben. Bild: zvg
    Auch im «Ochsen» wurden die «Bergspiegel»-Geschichten am Freitag zum Besten gegeben. Bild: zvg

Menzingen – Der «Bergspiegel» ist in Menzingen eine Institution, dieses Jahr steht die 52. Ausgabe auf dem Programm. Doch das Format hat sich etwas überholt. Wegen des Publikumsrückgangs am Gala-Abend am Schmutzigen Donnerstag in jüngerer Vergangenheit hat die Veranstalterin, die Guggen­musik Menzikus, eine Neuausrichtung beschlossen.

Sie führt den Event in der Schützenmatt nur noch in geraden Jahren durch. In ungeraden finden stattdessen am Freitag im Dorf Bühnenspiele statt – dieses Jahr zum ersten Mal. Gruppen aus Guggenmusik­delegierten haben in verschiedenen Beizen die Anek­doten zum Besten gegeben. Darin geht es auch um vermeintliche und tatsächliche Stars. Zu Ersteren gehört beispielsweise der – aus heutiger Sicht ehemalige – Kantonsratspräsident Karl Nussbaumer. Der SVP-Politiker wird in der Fasnachtspostille aufs Korn genommen. Allerdings nicht, wie man vermuten könnte, weil er bei seinen Spesenbezügen im Parlament über das Ziel hinausschoss, sondern weil er beim Schiessen das Ziel verfehlte.

Ein Vereinsausflug führte Nussbaumer und die Trychlergruppe in die unterirdische Schiessanlage in Lungern. Nach den ersten vier Schüssen mit der Pistole stellte der Instruktor gemäss dem «Bergspiegel» fest: «Vo dene vier Schüss isch keine nur i de Zielschiebenöchi.» Nussbaumer habe entgegnet: «Ach was. Denn spinnt diä Alag. Das isch doch d’Höchi.» In der Höhe lag denn auch des Rätsels Lösung: Der Blick ans Lüftungsgitter an der Decke verriet, dass die Schüsse dorthin gegangen waren.

Ob Karl Nussbaumer doppelt gesehen hat, ist nicht bekannt. Jedenfalls ist diese Verfehlung angeblich keine Seltenheit, denn ein Zettel gebe Auskunft darüber, dass jeder Schuss ans Gitter 50 Franken Busse koste. Der «Bergspiegel» kommt zum Schluss: «De Kari isch glaub würkli nöd so e Schüss-Star.»

Im Hinterland mit dem Bus unterwegs

Ein Star hingegen ist jener ZVB-Busfahrer, der sein Gefährt wegen eines Unfalls über das Hinterland Neuheims und Menzingens lenkte. «Er tuet vor de Sarbach-Garage rächts blinke und fahrt richtig Winzwile; tuet de ächt heimlich trinke?», fragen sich die «Bergspiegel»-Autoren besorgt. Anscheinend nicht, denn er schafft die anspruchsvolle Strecke, was ihm zur Adelung in der Fasnachtspostille gereicht: «Die Heldetat sell nöd unerwähnt blibe, es het sich sicher au de eint oder ander möge d’Auge ribe. Ich glaub, e wahre Chauffeur bi de ZVB isch, wenn d’Linie Sarbach-Brettige mit dem Glänkbus gfahre bisch.»

Gar nationale Bekanntheit erlangte letztes Jahr Schwinger Marcel Bieri aus Edlibach. Er gewann das Innerschweizer Fest in Menzingen. Nach verhaltenem Start kämpfte er sich in den Schlussgang. Dort stand ihm der König Joel Wicki gegenüber. Die «Bergspiegel»-Autoren schaffen bei den folgenden Reimen einen Hoselupf: «De Wicki zieht, de Maa in Wiss setzt aber zum Konter ah, er tuet de König sozäge is Sagmähl abeschlah. Vo wem ich da rede, muessi glaubs nöd verrate; e Maa, wo am ISAF in Menzinge gmacht het grossi Tate. E Top-Leistig wird mit em ISAF-Fästsieg krönt, und all i de Arena händ ihm de Triumpf au gönnt. Für so e Leistig verneigi mi und applaudier i; bravo, bravo, Fästsiger vom ISAF 2024, Mäsi Bieri.»

Hinweis

Der «Bergspiegel» in gedruckter Form ist an folgenden Stellen in Menzingen erhältlich: dem «Schlüssel», der Dorfmetzg Hegglin und dem Tankstellenshop Landi.


(Text: Raphael Biermayr)