Jungtalente versetzen den Saal ins Staunen
Musik
Drei musikalisch aussergewöhnlich begabte junge Menschen führten an einem «Solistenkonzert» der Musikschule Zug im Theater Casino ihr Können vor. Publikum und Fachleute waren hingerissen.
Zug – Emilie Richter, Fabienne Thomann und Seren Eggenberg sind drei Jugendliche im Teenie-Alter. Zwei haben gerade die Matura bestanden, eine ist noch im Gymnasium. Aber neben dem Schulalltag haben sie ein zweites, ganz eigenes Leben: das tägliche Üben an ihren Instrumenten – dem Cello, der Violine und dem Klavier. Seit Jahren werden sie an der Musikschule Zug unterrichtet, und alle drei erwägen, Musik zu ihrem Beruf zu machen.
Dank intensiver Arbeit und unter Anleitung durch ihre Lehrer haben sie ein ungewöhnlich hohes Niveau erreicht. Deshalb hatte der Rektor der Musikschule, Mario Venuti, die Idee, für sie ein Solistenkonzert mit Orchester zu organisieren: «Es ist uns ein Anliegen, dass sie eine Plattform erhalten, die es ihnen ermöglicht, ihr Können einem breiten Publikum zu zeigen.»
Und nun standen sie am Dienstagabend auf der Bühne des Theater Casino Zug und debütierten – begleitet vom Swiss Festival Orchestra unter der Leitung von Kevin Griffiths – mit einem musikalisch so anspruchsvollen Programm auf einem so hohen Niveau, dass einen im Publikum ein seltenes Gefühl befiel: uneingeschränkte, reine Ver- und Bewunderung.
Emilie Richter, 17, strich schon als Vierjährige mit dem Bogen über die Saiten ihres damaligen Cellos. Geboren in eine Musikerfamilie, verinnerlichte sie die klassische Musik im Kleinkindalter. Es waren ihre Eltern, die sich nach der besten Ausbildung umschauten und vor rund neun Jahren die Musikschule Zug wählten, wo Emilie auf den Zuger Solocellisten Jonas Iten stiess. Sie hat bereits national und international Preise gewonnen und wurde von der renommierten Cellistin Sol Gabetta für ihre «Classe d’excellence» auserkoren.
Am Solistenkonzert spielte Emilie als Erste, und zwar die «Variations sur un thème rococo» von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky. Die am Anfang eingeführte Melodie wird sieben Mal variiert, und damit konnte die junge Cellistin alles zeigen, was sie draufhat: virtuose Technik, einprägsame Gedankensetzung und eine breite emotionale Ausdruckspalette nebst dem engen Zusammenspiel mit dem Orchester. Nichts schien für sie schwierig zu sein.
Eine Parforce-Leistung
Seren Eggenberg, 19, wurde in Japan geboren und verbrachte dort die ersten elf Jahre seines Lebens; so hat er von klein auf ernsthaftes, effizientes Üben und Durchhaltevermögen gelernt. Der junge Tastenkünstler nimmt klassischen Klavierunterricht bei Daniel Vayman, aber auch bei der Jazzpianistin Vera Kappeler, spielt in verschiedenen Ensembles und besucht internationale Meisterkurse.
Er hatte sich das 21. Klavierkonzert in C-Dur KV 467 von Wolfgang Amadeus Mozart vorgenommen. Das halbstündige sinfonische, heitere bis ausgelassene Konzert schrieb Mozart für sich selbst, und es verlangt einem Profipianisten alles ab. Im Dialog mit dem temperamentvoll musizierenden Swiss Festival Orchestra beeindruckte Eggenberg mit virtuosesten Läufen. Die Nervosität liess ihn gelegentlich stolpern, aber jedes Mal fing er sich geschickt auf, unterstützt von der sorgsamen Präsenz des Dirigenten Kevin Griffiths. Das Publikum jubelte und stampfte nach dieser Parforce-Leistung. Wohl jeder im Saal hat sich gefragt: Wie bringt ein Jugendlicher so was zustande?
Virtuoser Ravel und Dvořák
Eine sehr reife, in der Persönlichkeit ruhende Performance bot Fabienne Thomann, 19, dar. Auch sie stammt aus einer Musikerfamilie und wurde früh gefördert. Seit 2017 gehört sie zur Violinklasse des slowakischen Violinisten Igor Karsko. Am Solistenkonzert interpretierte sie zwei der anspruchsvollsten Werke der virtuosen Geigenliteratur: «Tzigane» von Maurice Ravel und «Mazurek» von Antonín Dvořák. Sie schien die technischen Fallstricke längst hinter sich gelassen zu haben, stand fast absichtslos da und liess ihre Violine sprechen. Mal bratschenartig rau und zigeunerisch mutwillig tanzend, dann wieder singend, perlend und zupfend im Zwiegespräch mit der Harfe – gleichsam in einer Unterwasserwelt aus Tönen.
Was Musik kann, erreicht die Sprache nicht mehr – sie wird gelebt, und das Publikum ist angerührt, ohne sagen zu können, warum. Diesen Eindruck spiegelten in der Konzertpause auch die Voten von Laienmusizierenden und Fachleuten: «Ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus», war der Tenor im Foyer. Als Zugabe spielte das begabte Trio den «Sommer» aus den «Vier Jahreszeiten» von Astor Piazzolla. (Text von Dorotea Bitterli)