«Einfach ein schöner Brauch»
Brauchtum & Geschichte
Gestern Abend waren die Sternsinger zum letzten Mal im Dorf unterwegs. Um allen Häusern einen Besuch abzustatten, mussten die drei aus dem Morgenland einiges an Weg zurücklegen.
Steinhausen – Die Karte an der Wand im «Undi» hinter dem Kaplanenhaus in Steinhausen wirkt auf den ersten Blick wie ein historischer Schlachtplan: Mit Grau, Blau und Rot sind die Wohngebiete in Steinhausen schraffiert, welche die 39 Sternsingerinnen und Sternsinger der Jungwacht, des Blaurings und der Pfadi bereits «besungen» haben. Seit Sonntag sind die Jugendlichen und jungen Erwachsenen schon unterwegs. Gestern Abend versuchten sie, die letzten «weissen Flecken» zu tilgen.
«Wir haben zunehmend das Problem, dass Steinhausen immer weiter wächst, aber unsere Jugendorganisationen nicht im gleichen Mass», sagt Christoph Zumbühl, Präses der Jungwacht Steinhausen. Im Grunde könne man deshalb nicht mehr ganz Steinhausen abdecken.
Hot Dog zum Start
Sagts und schneidet weiter an der Salami und am Käse ab, während im heissen Topf Würste für die Hot Dogs kochen. Denn die Steinhauser Sternsinger stärken sich erst mal, bevor sie ausrücken. «Ich finde es cool mitzumachen», bekennt Severin Schärer. Die Leute in Steinhausen seien meistens begeistert, wenn Caspar, Melchior und Balthasar vor der Tür stünden. «Nur ganz selten kommt es vor, dass einem die Tür vor der Nase zugeschlagen wird.» Für den 15-Jährigen sind die drei aus dem Morgenland wie Reisende, die auf der Suche seien und schliesslich ihr Ziel finden würden: «Jesus.» Andere Sternsinger geben zu, dass sie das Ganze eigentlich nicht so religiös sehen. «Es ist einfach ein schöner Brauch, der einem guten Zweck dient. Zudem haben die Leute eine Megafreude, wenn wir kommen», sagt Selina Birrer. In diesem Jahr sind die Steinhauser Sternsinger für ein Projekt in Kolum- bien unterwegs. «Im Schnitt sammeln wir zwischen 14 000 und 18 000 Franken an Spenden, wobei die Hälfte des Geldes unsere Jugendvereine behalten dürfen – das ist sicher eine zusätzliche Motivation für die Jugendlichen», sagt Zumbühl.
Inzwischen schminken sich die ersten Sternsinger ihr Gesicht, gelb, braun oder schwarz. «Manchmal juckt es ein bisschen», gibt Dario Limacher zu und lacht. Sein Kollege Jonas Düggeli hat ihn gerade «angeschwärzt». «Hin und wieder rennen die Kinder aus Angst weg, wenn sie den Mohr sehen», sagt der 20-Jährige. Katharina Wanner und Lea Joho, die zum ersten Mal dabei sind, hören sich derweil nochmals das aktuelle Sternsingerlied auf MP3 an. Pro Haustür wird ein Lied gesungen. «Wir werden unser Bestes geben», verspricht eine der beiden und lächelt. Sehr hoch im Kurs steht bei den Menschen in Steinhausen vor allem, dass ihr Haus von den Heiligen Drei Königen gesegnet wird. Mit weisser oder bunter Kreide schreiben die Sternsinger jeweils «C+M+B» über die Tür: «Christus mansionem benedicat». Will heissen: «Christus segne dieses Haus.»
Der Stern wird angeknipst
Mittlerweile sind die ersten Gruppen startklar. Sie haben ihre verschiedenfarbigen Roben in Einheitsgrösse übergezogen und mit einem Gürtel passend gezurrt, das Kopftuch übers Haupt gelegt und die Plastikkrone festgetapt – fast wie richtige Könige –, das Licht im Stern noch angeknipst, und los gehts. «Die Heiligen Drei Könige sind im Prinzip Reiche, die Spenden sammeln», findet Leon Beeler und grinst. Ein echt schöner Vergleich. (Wolfgang Holz)