Jedes Detail muss stimmen

Brauchtum & Geschichte

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Chris Meijer aus Unterägeri schnitzt mit Leidenschaft Holzmasken. Was vor rund sieben Jahren als Versuch angefangen hat, ist zu einer wahren Passion geworden.

  • Chris Meijer an seiner Werkbank. Hier arbeitet er stundenlang an seinen Holzmasken.Bild: Alexandra Wey (Unterägeri, 22.2.25)
    Chris Meijer an seiner Werkbank. Hier arbeitet er stundenlang an seinen Holzmasken.Bild: Alexandra Wey (Unterägeri, 22.2.25)

Unterägeri – Knapp 2 auf 2 Meter misst die Werkstatt von Chris Meijer. Er hat sie sich im Keller seiner Eltern in Unterägeri eingerichtet. Viel mehr als eine Werkbank, eine Schleifmaschine und eine ganze Palette an Schnitzmessern umfasst sie auf den ersten Blick nicht. «Hier stehe ich stundenlang und vergesse dabei die Zeit», sagt er. Seit rund sieben Jahren schnitzt er Holzmasken. Voller Leidenschaft und mit einnehmender Begeisterung.

Auf dem Tisch liegt ein Rohling, erste Attribute eines Gesichts sind erkennbar. «Das ist Ahornholz», erklärt der 41-Jährige. Damit arbeite er am liebsten, obwohl es wahnsinnig hart und daher schwer zu bearbeiten sei. «Es ist leicht und sehr stabil. Die Maske hält ein Leben lang.» Seine Werke sollen nicht zur Zierde an der Wand hängen, sondern gebraucht werden. Etwa an der Fasnacht. So finden sich unter den bereits erschaffenen Objekten auch die Figuren der Nüsslerrott der Wylägerer Fasnachtsgesellschaft.

Farbstudien, Listen und Nahaufnahmen

«Es ist mir wichtig, dass die Masken ihr Aussehen behalten, dass die Details stimmen», führt Meijer aus. In den Unterlagen, die ebenfalls auf der Werkbank liegen, finden sich Farbstudien, Listen mit Massen und Nahaufnahmen von Bekannten sowie berühmten Persönlichkeiten. «Hier diese Falte zwischen Nase und Mund wollte ich genauso hinbekommen», Meijer zeigt auf das Bild einer Frau.

Schaut man sich die Maske, die das Gesicht eines jungen Mädchens darstellt, an, ist das sehr gut gelungen: volle rote Lippen, strahlend weisse Zähne, eine Stupsnase mit ausgearbeiteten Nasenflügeln und rote Wangen. Die Augen schauen hinter einer Ledermaske hervor. Es ist das Gesicht der Figur Domino der Unterägerer Nüsslerrott. Chris Meijer hat sie sich quasi aufs Gesicht geschnitzt. Er trägt sie, wenn er mit der Gruppe unterwegs ist.

Ganz zufrieden ist er mit dem Ergebnis nicht. «Das werde ich wahrscheinlich nie sein. Eine Maske perfekt hinzubekommen, ist mein Antrieb.» Er sei ein Perfektionist, gibt er zu. «Die Maskenschnitzerei erlaubt es mir, das in extremis auszuleben.»

Das Handwerk hat sich der Unterägerer autodidaktisch beigebracht. Die Arbeit mit Holz, Farbe, dem Planen und Ausarbeiten von plastischen Figuren, das alles hat nichts mit seinem eigentlichen Beruf zu tun. Das Interesse für Holzmasken aber schon. Chris Meijer hat Ethnologie und Internationale Politik und Konflikte studiert, heute arbeitet er im Bereich humanitäre Hilfe. «Irgendwann während des Studiums habe ich angefangen, Holzmasken zu sammeln.» Schliesslich konzentrierte er sich auf Schweizer Holzmasken.

«Das Thema fasziniert mich auch handwerklich. Ich wollte wissen, wie die Masken gemacht sind, und habe dann einfach selbst damit angefangen.» Er verfüge über ein gutes Vorstellungsvermögen. Zudem hat er sich mit professionellen Maskenschnitzern ausgetauscht. Seine Fertigkeiten hätten rasch Fortschritte gemacht. «Ich habe das irgendwie in mir, das musste einfach raus», sagt der Unterägerer mit einem Lachen.

«Im Leben stand ich, ruhend wandle ich»

Seine Passion geht tief. Auf der Innenseite seiner Masken steht: «Im Leben stand ich, ruhend wandle ich.» Es sei eine Widmung und ein Dank an den Baum. Meijer führt aus: «Als der Baum noch gelebt hat, war er angewurzelt und konnte nicht weglaufen. Aber nachdem der Baum gestorben ist, ist er frei und kann nun als Maske herumlaufen und die Leute erfreuen.» Deshalb schnitze er seine Masken aus einem einzigen Stück, «damit sozusagen noch ein bisschen von der Seele des Baumes darin bleiben kann».

Die Nüsslerrotten im Raum Schwyz und Ägerital sind zwar ebenfalls mit Masken unterwegs, allerdings meist nicht mit holzigen. «Die Figuren und die Tänze der Nüssler gefallen mir. Ich wollte mitmachen, aber nur unter der Bedingung, dass ich eine Holzmaske tragen darf». Wenn Traditionen verändert werden, sind davon nicht immer alle begeistert. «Die Kultur bleibt nicht stehen. Es ist in Ordnung, wenn Stoff durch Holz ersetzt wird, solange die Maske den Leuten an der Strasse gefällt», sagt Meijer und ergänzt: «Wichtig ist, dass das kulturelle Erbe nicht ausstirbt. Das gehört zur Identität der Innerschweiz.»

Der Erfolg gibt dem 41-Jährigen recht. Bereits gibt es Bestellungen von Masken. Für das Anfertigen einer Maske rechnet er mit rund sechs Arbeitstagen. Das Gesicht des Auftraggebers wird genau abgemessen, und es gibt Anproben. Alles muss passen, damit die rund 200 Gramm schwere Maske bequem zu tragen ist. Fixe Termine gibt es aber nicht: «Die Maske ist fertig, wenn sie fertig ist. Die Schnitzerei bleibt ein Hobby».

Bereits 25 Holzmasken angefertigt

Dafür verlangt er momentan rund 650 Franken, ein Freundschaftspreis, wie Meijer festhält. «Von einem Profi würde sie in Hartholz locker das Doppelte kosten.» Als Mitglied bei den Alemannischen Larvenfreunden ist er allerdings auf gutem Weg dahin. Der Verein verfügt auch über eine Art virtuelles Museum. «Es ist ein riesiger Fundus an Masken und Vorlagen. Zu den Mitgliedern gehören Top-Schnitzer.» Dass er aufgenommen wurde, sei eine grosse Ehre.

25 Holzmasken hat Chris Meijer bereits angefertigt. Mit einer – filigran ausgearbeitet und detailverliebt – wird er morgen Sonntag Teil des Wylägerer Fasnachtsumzugs sein. (Text: Carmen Rogenmoser)