Ein 300-jähriger «Taschenrechner»
Literatur & Gesellschaft, Brauchtum & Geschichte
Der Buchdruck begann in Zug 1671. Die Bibliothek Zug ist im Besitz vieler Stücke aus der Anfangszeit.
Zug – Das erste Buch in Zug druckte 1671 Jakob Ammon aus Nürnberg, der vorher schon in Luzern, Einsiedeln und Baden als Buchdrucker gearbeitet hatte. Das erste gedruckte Buch war vielmehr ein Büchlein, auf Lateinisch: «Via Compendii ad Deum» («Der beste Weg zu Gott»). Ammon kam mit seiner Druckerei nicht aus den Schulden und musste Zug 1674 schon wieder verlassen.
Dank seiner ehemaligen Zuger Gesellen Franz Karl Roos und Heinrich Ludwig Muos sowie weiteren ersten Zuger Buchdruckern wie Franz Leonz Schell, Heinrich Anton Schell und Johann Michael Blunschi blieb der Buchdruck der Stadt jedoch erhalten. Die meisten Buchdrucker konnten nicht von ihrem Gewerbe leben. Es gab damals nur wenig Druckaufträge.
Es sind wenige hundert Werke, die in der ersten Zeit des Zuger Buchdrucks von 1671 bis 1750 gedruckt wurden, vor allem religiöse Bücher, Kleindrucke und Kalender. Die Auflagen sind nicht bekannt, da keine Geschäftsbücher der ersten Druckereien in Zug überliefert sind. Zwar gibt es Einträge zum Buchdruck oder Buchdruckern in Zug in den Stadtratsprotokollen jener Zeit, aber dabei geht es um Lohn für Druckerzeugnisse, Schulden und die Zensur. So bleiben erste Zuger Drucke die fast einzigen Zeugnisse für die damals in Zug tätigen Buchdrucker und ihre Produktion. Sie widerspiegeln zudem das Schaffen einheimischer Schriftsteller, Künstler und Kunsthandwerker.
Privater Sammler sichert sich Exemplar
Das «Neue Zahlbüchlein» ist ein Druckerzeugnis von Franz Karl Roos, dem neben Heinrich Ludwig Muos ersten einheimischen Buchdrucker in Zug. Das «Zahlbüchlein» ist infolge des frühen Todes von Franz Karl Roos eines seiner wenigen Druckerzeugnisse. Das einzige bekannte Exemplar befindet sich in der Bibliothek Zug. Dass dieses Exemplar erhalten blieb, dürfte einem privaten Sammler zu verdanken sein, nämlich Paul Anton Wickart (1760–1832), Kaufmann im Grosshaus in Zug, der eine kleine Privatbibliothek angelegt hatte.
Laut einem Besitzvermerk im «Zahlbüchlein» kam die Sammlung von Wickart 1925 in die damalige Kantonsbibliothek, darunter dieser Zuger Druck. Das «Zahlbüchlein» enthält Anleitungen und Tabellen zum Berechnen von verschiedensten Waren und Dienstleistungen sowie Umrechnungstabellen von der Zürcher in die Zuger Währung. Das «Zahlbüchlein» ist klein und schmal, es passt gut in eine Jackentasche, ist quasi eine Art historischer Zuger Taschenrechner. 1683 druckte der Zuger Heinrich Ludwig Muos das Werk «Job Christianus» («Der christliche Hiob»), ein Erbauungsbuch von Johann Franz Suter, der aus Hünenberg stammte und lange Pfarrer in Walchwil war. Sein Buch umfasst insgesamt über 800 Seiten und erinnert mit dem Titel an das Buch «Hiob» im Alten Testament. Da wird ein gottesfürchtiger Mann namens Hiob grausamen Schicksalsschlägen unterworfen, die ihn fast verzweifeln lassen.
Johann Franz Suter behandelt in seinem «christlichen Hiob» die Tugend der Geduld als Voraussetzung für ein christliches Leben. Die Aufmerksamkeit gilt bei diesem Zuger Druckerzeugnis heute wohl weniger seinem religiösen Thema als der Druckgrafik, in Form ganzseitiger Kupferstiche oder Holzschnittverzierungen, wie sie auch in anderen Zuger Druckerzeugnissen von Heinrich Ludwig Muos vorkommen.
Das Werk «Der christliche Hiob» enthält einen Kupferstich, der die «Leiter der Geduld» darstellt und daneben links unten Hiob. Die Vorlage zu diesem Kupferstich ist eine Zeichnung vom Zuger Künstler Jakob Kolin, links unten im Kupferstich ist seine Signatur aufgedruckt «Jacob Kolin, delin(eavit), Tugii» («Jakob Kolin, hat gezeichnet, Zug»). Die Zeichnung von Jakob Kolin ist noch erhalten, in der Grafischen Sammlung des Kunsthauses Zürich. Kunstvolle Grafik in den Druckerzeugnissen von Heinrich Ludwig Muos, das passt, sein Bruder war der Zuger Maler Kaspar Wolfgang Muos. Auch er zeichnete Vorlagen für Kupferstiche in den von seinem Bruder gedruckten Büchern.
Begehrter Auftrag der Behörden
Ein imposantes erstes Zuger Druckerzeugnis ist der Stadtkalender. Dieser Wandkalender erschien jährlich, von 1675 bis 1714 (der sogenannte ältere Kalender), dann wieder von 1724 bis 1787 (als jüngerer Kalender). Er war Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhundert praktisch der einzige feste Druckauftrag der Behörden und entsprechend begehrt bei den Zuger Buchdruckern. Das zeigen mehrere entsprechende Einträge in den alten Zuger Stadtratsprotokollen.
Der Zuger Stadtkalender ist aus mehreren bedruckten Papierbogen zusammengefügt und insgesamt über einen Meter hoch. In der Mitte ist der eigentliche Kalender und auf den beiden Seiten sind die Wappen der jeweiligen Ratsherren. Darüber ist die himmlische Sphäre dargestellt, mit den Schutzheiligen St.Michael und St.Oswald, der untere Teil des Stadtkalenders enthält eine Ansicht von Zug.
Meistens wurde nur der eigentliche Kalender in der Mitte alljährlich neu gedruckt. Der Blickfang im Stadtkalender ist der Kupferstich der Stadt Zug unten. Beim jüngeren Stadtkalender zeichnete 1719 der Zuger Künstler Johann Brandenberg (1661–1729) die realitätsgetreue Vorlage dazu. (Text von Margrith Zobrist)
Hinweis
Die Bibliothek Zug präsentiert in einer zweiteiligen Artikelserie ihre frühen Zuger Drucke. Der zweite Teil erscheint morgen. Am 1. August, zwischen 12 und 16 Uhr, können Interessierte zudem ausgewählte Ausstellungsstücke in der Bibliothek betrachten sowie Referate dazu hören.