«So viele Ebenen der Interpretation»
Musik
Am Liederabend der Reihe «Aegeri Concerts» standen mit Andreas Humm und Kit Armstrong zwei junge Künstler mit internationaler Karriere auf der Bühne der Ägerihalle. Ihre Nahbarkeit machte das Konzert zur intimen Soiree.
Unterägeri – Ein Tanz zwischen Geist und Sinnlichkeit: Der Liederabend «Affection» von Bariton Äneas Humm und Pianist Kit Armstrong am Montagabend in Unterägeri beschäftigt sich mit der Liaison von Clara Schumann und Johannes Brahms – natürlich mit einem Zwischenspiel von Robert Schumann – und Liedern von Franz Liszt. Die beiden Musiker nehmen dabei in ihrer Moderation klare Rollen ein. Die rund 150 Gäste in der Ägerihalle scheinen durch die gelungene Atmosphäre an eine intime Soiree geladen.
Die Konzertreihe «Aegeri Concerts» steht dieses Jahr unter den zwei Schlagworten «Jugend» und «Umbruch». Diese lösten die jungen Künstler (Humm mit Jahrgang 1995, Armstrong mit 1992) auch mit den Grundgedanken hinter ihrem Programm ein.
Doch der Abend beginnt noch jünger. Fünf Schülerinnen und Schüler der Begabtenförderung der Musikschule Zug führen Luigi Boccherinis Quintetto Nr. 4 auf. Mit dem Übernamen «Fandango» bezieht es sich auf einen spanischen Tanz. Das spanische Flair wird mit Flamencoanklängen in der Gitarre, rotem Licht und Kastagnetten komplett. Erstaunlich, welches Stilbewusstsein die jungen Musiker dabei schon an den Tag legen. Der Auftritt bietet wertvolle Bühnenerfahrung und hilft, ein Gespür für die Klangfülle zu entwickeln, die ein grösserer Saal wie die Ägerihalle von ihnen verlangt.
Fruchtbare Zusammenarbeit
Wohin sie mit ihren Voraussetzungen gelangen könnten, wenn sie Jahre an Arbeit in ihre musikalischen Ambitionen investieren, zeigt der Auftritt der zwei Profimusiker. Beide bereits mit internationalen Karrieren, spielen sie am Montag erstmals als Duo. Und das funktioniert auf Anhieb. Kennengelernt haben sie sich bei der Aufführung einer Bachkantate in Armstrongs Konzertkirche in Frankreich. Es sei «vielleicht nicht die logischste Variante mit Konzertflügel», doch die Zusammenarbeit fruchtete.
Sie beginnen mit Stücken von Liszt. Armstrong begleitet beinah minimalistisch, nimmt jede Regung von Humm ab. Dieser singt auf gedehnte und verbundene Art, sonor und durchdringend. Gerade am Anfang durchbrechen gewisse Spitzen noch die Kontinuität seiner Linien. Da will etwas raus. Auch bei Armstrong. In den Stücken für Klavier solo zeigt er schillernde Virtuosität, Tonkaskaden und durchschlagende Felsbrockenakkorde.
Die Verbindung zum Publikum
In den Moderationen nimmt Armstrong den Part des Musikwissenschaftlers ein. «Musik ist eine einzigartige Kunstform, weil sie Platz lässt für so viele Ebenen der Interpretation – nebeneinander und hintereinander.» So vergleicht er die Vertonung von Heinrich Heines «Die Loreley» durch Liszt mit der durch Clara Schumann. Zudem erklärt er die Entwicklung vom Musiker als Generalist hin zum Spezialisten – nur als Komponist, nur als Pianist auftretend und mit Schülern – im 19. Jahrhundert, für die Clara Schumann und Brahms verantwortlich waren. Humm kümmert sich um die Verbindung zum Publikum. «So wie die Kinder an der Musikschule Zug heute Unterricht nehmen», scherzt er.
Nach zwei Zugaben, eine humorvoll, eine liebreizend, ist Schluss. Im anschliessenden Künstlergespräch zementieren die beiden ihre auf der Bühne eingenommenen Rollen. Sie ergänzen sich gut – musikalisch und menschlich. Und doch bleibt das Votum auch von Armstrong: «Wir sind nicht hier, um Musikwissenschaft vorzutragen, sondern um sie sinnlich zu erleben.»
Hinweis
Die nächste Künstlerin in der Reihe ist Anna Vinnitskaya: Dienstag, 1. Oktober, 19.30 Uhr, Ägerihalle, Unterägeri.
(Text: Diana Tobler)