Zu zweit eine ganze Band
Musik
Zwei Zuger Musiker sind während vier Jahren zu duodendron zusammengewachsen. Der Weg vom Duo hin zur Band klingt wie eine Liebesgeschichte.
Zug (Kanton) – Dieser Text ist in der Januar / Februar-Ausgabe des Zug Kultur Magazins erschienen. Hier geht es zu den anderen Artikeln.
Sie haben sich an einer Hochzeit kennen gelernt, vor fast schon zehn Jahren. Linus Amstad und Jonas Inglin spielten zusammen mit anderen in der Hochzeitsband. Das Fest war übersättigt mit Wein und Musik, irgendwo zwischen Kurz-vor-Auftritt und Ein-letztes-Glas kamen die beiden ins Gespräch. Das war kein Zufall. «Wer in Zug ähnliche Interessen und Einstellungen hat, begegnet sich früher oder später», sagt Amstad.
Linus Amstad und Jonas Inglin, zwei Musiker aus Zug, sind seit rund einem Jahr zusammen als duodendron unterwegs und bringen im Mai ihre erste Platte raus. Musik machen sie aber schon viel länger zusammen. Nach der Hochzeit mit dem vielen Wein und der vielen Musik fingen sie an, als Duo Stücke einzuüben und auch selber zu komponieren. Vor etwa vier Jahren waren dann Amstad und Inglin auf der Bühne zu sehen – als Duo Amstad und Inglin.
Es begann damals als einmaliges Ding, das sich dann trotzdem oft wiederholte: Im Frühling schrieben sie neue Musik, jeder für sich, und spielten dann über den Sommer eine kleine Tour. Und im nächsten Jahr gleich nochmals, nochmals und nochmals. «Jedes Jahr haben wir neue Stücke komponiert, die wir in manchen Fällen nie an einem Konzert gespielt haben», erinnert sich Linus Amstad.
Kann man im Schnee Konzerte spielen?
«Das Duo war von Anfang an da, um Dinge auszuprobieren», sagt Jonas Inglin. Können zwei Melodieinstrumente wie eine ganze Band klingen? Wie kann man alle musikalischen Rollen auf nur zwei Musiker aufteilen? «Aber vor allem auch die ganzen Aufgaben, die ausserhalb der Musik zum Musikbusiness dazugehören: Plakate gestalten lassen, Konzerte organisieren, Projekte planen und vieles mehr.»
Als man wegen Corona in Innenräumen keine Konzerte spielen konnte, gingen sie einfach nach draussen. Sie spielten unter einer Autobahnbrücke am Flussufer. Inglin und Amstad auf der einen Seite, das Publikum auf der anderen Seite. Fliessende Natur und der Hall der Betonbrücke: die beiden entdeckten, in dieser Formation sind sie so flexibel, eigentlich können sie überall spielen, jederzeit. Warum nicht beim Gipfelkreuz auf dem Zugerberg?
Amstad und Inglin standen in dicken Wanderschuhen, Regenhosen und Jacken neben dem Gipfelkreuz. Einen kleinen Pavillon hatten sie auch mitgebracht. Trotzdem war es so kalt, dass der Nieselregen zu feinem Schnee wurde. Amstad und Inglin spielten. Aber mussten nach zwei Dritteln abbrechen.
Dann fällt alles auseinander
«Was wir machen, ist unglaublich fragil», sagt Jonas Inglin. «Wenn Linus nicht spielt, dann spiel ich alleine, wenn ich nicht spiele, dann ist es still.» Für beide gibt es genau eine Information, auf die sie reagieren können, einen Ton des andern, sonst nichts. «Es ist kein Schlagzeuger da, der dich mal durch einen Rhythmus durchtragen kann, da ist keine Bassistin, die dir durch die Harmonien hilft, wenn du nicht ganz bei der Sache bist», sagt Linus Amstad. Da sind nur die beiden, Amstad und Inglin. Und wenn kurz beide nicht bei der Sache sind, dann ist die Gefahr gross, dass alles auseinanderfällt.
In Bands entwickeln sich mit der Zeit unausgesprochene Routinen, mit der Zeit passiert immer das Gleiche, man kann sich drauf verlassen. «Aber bei uns ist es etwas anderes, es ist eher so wie ein gutes Gespräch», sagt Jonas Inglin. Wenn das Vertrauen wächst, fällt das Reden leichter, und wenn das Reden leicht fällt, werden die Themen besser.
«Wir haben in den Jahren ein Fundament geschaffen, wir haben beide gelernt: Da ist ein Partner an meiner Seite, auf den ich mich verlassen kann. Es ist wie beim Klettern: Mit der Zeit weiss man, der andere wird mich sichern, wenn ich falle.» Und wenn beide darauf vertrauen, dass der andere seine Knoten richtig gemacht hat, dann können sich sogar beide fallen lassen. Und das Seil wird halten.
Eintauchen in Wien
«Vor vier Jahren konnte das Publikum noch gut heraushören, wer von uns beiden welche Stücke komponiert hatte», sagt Linus. Mittlerweile geht das nicht mehr. Die beiden sind als duodendron zusammengewachsen. Und haben in Wien eine Platte aufgenommen mit den besten Stücken der letzten Jahre. Sie wussten, dass sie für die Aufnahmen richtig in die Stücke eintauchen wollten. Das geht schlecht, wenn man im Studio nebenan aufnimmt und jeden Abend wieder nach Hause geht.
Ab Mai kann man die neue Platte von duodendron auf allen gängigen Streamingportalen hören, die physische Platte kann man an Konzerten und auf der Website von duodendron kaufen. Neben den acht Stücken sind auf der neuen Platte auch zwei Nummern mit gesprochenem Text. Dabei geht es um Geschichten, die zu den Songs gehören. Sie reden miteinander darüber, wie es riecht, wenn in einer fremden Stadt Regen auf heissen Asphalt trifft. Und davon, wie unromantisch durchnässt man danach in der harten Wirklichkeit doch ist.
Hier gehts zum Konzert: zugkultur.ch/MJfVhK
(Text: Lionel Hausheer)
Sie haben sich an einer Hochzeit kennen gelernt, vor fast schon zehn Jahren. Linus Amstad und Jonas Inglin spielten zusammen mit anderen in der Hochzeitsband. Das Fest war übersättigt mit Wein und Musik, irgendwo zwischen Kurz-vor-Auftritt und Ein-letztes-Glas kamen die beiden ins Gespräch. Das war kein Zufall. «Wer in Zug ähnliche Interessen und Einstellungen hat, begegnet sich früher oder später», sagt Amstad.
Linus Amstad und Jonas Inglin, zwei Musiker aus Zug, sind seit rund einem Jahr zusammen als duodendron unterwegs und bringen im Mai ihre erste Platte raus. Musik machen sie aber schon viel länger zusammen. Nach der Hochzeit mit dem vielen Wein und der vielen Musik fingen sie an, als Duo Stücke einzuüben und auch selber zu komponieren. Vor etwa vier Jahren waren dann Amstad und Inglin auf der Bühne zu sehen – als Duo Amstad und Inglin.
Es begann damals als einmaliges Ding, das sich dann trotzdem oft wiederholte: Im Frühling schrieben sie neue Musik, jeder für sich, und spielten dann über den Sommer eine kleine Tour. Und im nächsten Jahr gleich nochmals, nochmals und nochmals. «Jedes Jahr haben wir neue Stücke komponiert, die wir in manchen Fällen nie an einem Konzert gespielt haben», erinnert sich Linus Amstad.
Kann man im Schnee Konzerte spielen?
«Das Duo war von Anfang an da, um Dinge auszuprobieren», sagt Jonas Inglin. Können zwei Melodieinstrumente wie eine ganze Band klingen? Wie kann man alle musikalischen Rollen auf nur zwei Musiker aufteilen? «Aber vor allem auch die ganzen Aufgaben, die ausserhalb der Musik zum Musikbusiness dazugehören: Plakate gestalten lassen, Konzerte organisieren, Projekte planen und vieles mehr.»
Als man wegen Corona in Innenräumen keine Konzerte spielen konnte, gingen sie einfach nach draussen. Sie spielten unter einer Autobahnbrücke am Flussufer. Inglin und Amstad auf der einen Seite, das Publikum auf der anderen Seite. Fliessende Natur und der Hall der Betonbrücke: die beiden entdeckten, in dieser Formation sind sie so flexibel, eigentlich können sie überall spielen, jederzeit. Warum nicht beim Gipfelkreuz auf dem Zugerberg?
Amstad und Inglin standen in dicken Wanderschuhen, Regenhosen und Jacken neben dem Gipfelkreuz. Einen kleinen Pavillon hatten sie auch mitgebracht. Trotzdem war es so kalt, dass der Nieselregen zu feinem Schnee wurde. Amstad und Inglin spielten. Aber mussten nach zwei Dritteln abbrechen.
Dann fällt alles auseinander
«Was wir machen, ist unglaublich fragil», sagt Jonas Inglin. «Wenn Linus nicht spielt, dann spiel ich alleine, wenn ich nicht spiele, dann ist es still.» Für beide gibt es genau eine Information, auf die sie reagieren können, einen Ton des andern, sonst nichts. «Es ist kein Schlagzeuger da, der dich mal durch einen Rhythmus durchtragen kann, da ist keine Bassistin, die dir durch die Harmonien hilft, wenn du nicht ganz bei der Sache bist», sagt Linus Amstad. Da sind nur die beiden, Amstad und Inglin. Und wenn kurz beide nicht bei der Sache sind, dann ist die Gefahr gross, dass alles auseinanderfällt.
In Bands entwickeln sich mit der Zeit unausgesprochene Routinen, mit der Zeit passiert immer das Gleiche, man kann sich drauf verlassen. «Aber bei uns ist es etwas anderes, es ist eher so wie ein gutes Gespräch», sagt Jonas Inglin. Wenn das Vertrauen wächst, fällt das Reden leichter, und wenn das Reden leicht fällt, werden die Themen besser.
«Wir haben in den Jahren ein Fundament geschaffen, wir haben beide gelernt: Da ist ein Partner an meiner Seite, auf den ich mich verlassen kann. Es ist wie beim Klettern: Mit der Zeit weiss man, der andere wird mich sichern, wenn ich falle.» Und wenn beide darauf vertrauen, dass der andere seine Knoten richtig gemacht hat, dann können sich sogar beide fallen lassen. Und das Seil wird halten.
Eintauchen in Wien
«Vor vier Jahren konnte das Publikum noch gut heraushören, wer von uns beiden welche Stücke komponiert hatte», sagt Linus. Mittlerweile geht das nicht mehr. Die beiden sind als duodendron zusammengewachsen. Und haben in Wien eine Platte aufgenommen mit den besten Stücken der letzten Jahre. Sie wussten, dass sie für die Aufnahmen richtig in die Stücke eintauchen wollten. Das geht schlecht, wenn man im Studio nebenan aufnimmt und jeden Abend wieder nach Hause geht.
Ab Mai kann man die neue Platte von duodendron auf allen gängigen Streamingportalen hören, die physische Platte kann man an Konzerten und auf der Website von duodendron kaufen. Neben den acht Stücken sind auf der neuen Platte auch zwei Nummern mit gesprochenem Text. Dabei geht es um Geschichten, die zu den Songs gehören. Sie reden miteinander darüber, wie es riecht, wenn in einer fremden Stadt Regen auf heissen Asphalt trifft. Und davon, wie unromantisch durchnässt man danach in der harten Wirklichkeit doch ist.
Hier gehts zum Konzert: zugkultur.ch/MJfVhK
(Text: Lionel Hausheer)