Eine Reise durch Klangwelten
Musik
Huijing Han begeisterte das Publikum in der Ägerihalle mit einem virtuosen Programm.
Unterägeri – Am Donnerstagabend fand in der Ägerihalle in Unterägeri ein Konzert statt, das wohl vielen noch lange in Erinnerung bleiben wird: Die Pianistin Huijing Han, eine Künstlerin von internationalem Renommee, deren Ausbildung sie von Shanghai bis nach Berlin führte (wo sie unter anderem von Grössen wie Klaus Hellwig und Daniel Barenboim in die Feinheiten der Interpretation eingeführt wurde), präsentierte in ihrem Programm «Snow is dancing» eine Auswahl von Stücken, die durch musikalische Vielfalt und virtuos dargebotene Tiefe bestachen.
Organisiert wurde der Abend von Sabina Keresztes, die sich mit ihrer Reihe «Ägeri Concerts» zum Ziel gesetzt hat, das lokale Publikum mit hochkarätigen musikalischen Darbietungen zu begeistern.
Ein Auftakt in sphärischen Klängen
Han eröffnete mit Erik Saties «Gnossienne Nr. 3» und «Gymnopédie Nr. 1» – zwei Werke, deren sphärische und fast tranceartige Klangsprache den Raum mit einer eigentümlich stillen Spannung erfüllte. Ihre Interpretation war zurückhaltend und sanft, fast wie aus einer anderen Welt, und schien das Publikum auf eine Reise in die Tiefen des Unbewussten zu nehmen.
Als Nächstes folgte Claude Debussys «Children’s Corner», eine Sammlung kleiner Miniaturen, die das Publikum in eine zauberhafte Kindheitserinnerung versetzte. Besonders «Snow is dancing», die namensgebende Komposition des Abends, spielte sie mit einer Balance aus sanfter Wärme und ätherischer Kälte – eine Musik, die die poetische Seite des Winters in Klang goss. Hans Fähigkeit, zwischen den Stücken kurze Anekdoten zu platzieren und die Hintergründe der Komponisten näherzubringen, verlieh dem Abend eine intime Atmosphäre.
Klangwelten Amerikas und Russlands
Mit George Gershwins «3 Preludes» verliess Han die europäische Klassik und wechselte ins Amerika der Moderne – und damit in eine Klangwelt, die sich mit jazzigen Einflüssen und rhythmischer Energie grundlegend vom zuvor Gehörten abhob. Gershwins lebhafte Rhythmen brachte Han mit einer Präzision und einem «Drive», der das Publikum in den Bann zog.
Den Höhepunkt des Abends bildete jedoch Modest Mussorgskis «Bilder einer Ausstellung» – ein Werk, das durch seine bildhafte Erzählweise sowohl technische Meisterschaft als auch interpretatorische Vielseitigkeit verlangt. Von der ikonischen «Promenade» bis hin zu den dramatischen Höhepunkten wie «Gnomus» und dem monumentalen Schluss «Das Heldentor in der Thronstadt Kiew» fesselte Han das Publikum mit einer Intensität, die von der ersten bis zur letzten Note anhielt.
Das Publikum, das den Abend zunächst fast andächtig verfolgte und seine Begeisterung erst nach und nach zeigte, bedankte sich schliesslich mit langem Applaus und brachte Han für zwei Zugaben auf die Bühne zurück. Die Atmosphäre in der Ägerihalle wandelte sich im Lauf des Abends merklich, und als Han die Bühne verliess, blieb ein Saal voller Menschen zurück, die sichtlich bewegt und beeindruckt waren. Huijing Han hat an diesem Abend nicht nur gespielt, sondern vermittelt – zwischen Komponisten und Publikum, zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Ost und West – und gezeigt, dass Musik weit mehr ist als das Aneinanderreihen von Tönen.
Ein Abend, der bewies, dass Sabina Keresztes mit den «Ägeri Concerts» eine Reihe geschaffen hat, die das kulturelle Leben des Kantons Zug um eine glanzvolle Facette bereichert. Die Musikerin demonstrierte an diesem Abend, dass sie nicht nur eine meisterhafte Pianistin, sondern auch eine leidenschaftliche Geschichtenerzählerin am Klavier ist. Ihre Fähigkeit, jedes Werk in seiner Eigenheit und mit tiefem Respekt vor den Komponisten lebendig werden zu lassen, machte diesen Abend zu einem besonderen Erlebnis. Das Publikum zeigte sich entsprechend begeistert.
Hinweis
Das nächste Konzert der Veranstaltungsreihe findet mit dem Pianisten Julian Trevelyan am 7. November statt. Infos auf www.keresztesartists.ch.
(Text: Haymo Empl)