Eindrückliche Zeitdokumente

Dies & Das

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Archivierte Werbeplakate der vergangenen Jahre werden an der 50. Zuger Messe in einer Sonderschau ausgestellt.

  • Claudia Tschann und Michael Felber haben die Sonderschau gestaltet. (Bild Matthias Jurt)
    Claudia Tschann und Michael Felber haben die Sonderschau gestaltet. (Bild Matthias Jurt)

Zug – Ein übermütig grinsendes Lausmädchengesicht, ein poppig farbenfroh stilisiertes Frauenporträt, ein magischer, aufbrechender Würfel mit verheissungsvoll leuchtendem Inneren: Mit diesen und vielen weiteren Sujets wurde in der Vergangenheit für die Zuger Messe geworben. «Es sind total 40 Plakate, welche wir im Archiv der Zuger Messe AG aufgestöbert und auf Plakatsäulen aufgezogen haben», erzählt Grafikerin Claudia Tschann von der Kalt Medien AG. Gemeinsam mit Projektleiter Michael Felber hat sie die Sonderschau zum Jubiläum der 50. Zuger Messe gestaltet.

Da sind auch mehrere pfiffige Personencollagen – eine davon mit modisch gekleideten Frauenbeinen, blau gestreiftem Jungmännerbauch und bärtigem Grossvater-Lachgesicht –, die dem Publikum im Jahr 2002 sofort klar machen sollten, dass die Messe für alle Leute etwas Schönes und Vergnügliches bereithalten würde. «Es sind teilweise richtige Kunstwerke in der Sammlung vertreten», betont Felber. Beispielsweise die Werke des Baarer Künstlers Elso Schiavo, der eine Dreier-Serie in Folge von 1985 bis 1987 in ähnlichem Stil gestaltet hat.

Akribische Feinarbeit im Archiv

Gemeinsam sind die beiden Sonderschau-Verantwortlichen ins Archiv der Zuger Messe AG eingetaucht und haben sämtliche dort befindlichen Trouvaillen gesichtet, sortiert und digitalisiert. «Mit Ausnahme zweier Jahrgänge sind alle Plakate ab 1979 erhalten, ab 2003 sogar in digitaler Form», berichtet Felber. Aus der Zeit vor 1979 seien leider keine Unterlagen mehr vorhanden.

Nicht jedes Jahr gab es eine neue Plakatkreation, manchmal wurde ein Entwurf über längere Zeit hinweg verwendet bei jährlich wechselnden Jahreszahlen.

Neben den Plakaten sind auch die Messezeitungen zum freien Stöbern dekorativ an einer Wand aufgereiht. «Hier erleben wir es manchmal, dass Besuchende ihr jüngeres Ich plötzlich auf Fotos wiederer­kennen und überrascht ausrufen: Guck mal, das bin ja ich!», erzählt Michael Felber lachend. Es sei spannend zu beobachten, was die Leute alles entdecken würden.

Eine Ausstellungswand zeigt eine Karte sämtlicher vorgestellter Gastregionen, eine weitere listet alle Sonderschauen auf. Die spannendsten und aussergewöhnlichsten darunter werden gesondert vorgestellt. Beispielsweise die Ausstellung «150 Jahre stehen für mehr Menschlichkeit» des Schweizerischen Roten Kreuzes im Jahr 2016, die «Töffli-Parade mit Kultmarken» des Verkehrshauses der Schweiz 2015 oder «Du bist, was du isst» des Lebensmittelmuseums Alimentarium Vevey 2013.

Eine Collage mit Zeitungsberichten über vergangene Messen sowie eine mit Inseraten der letzten 50 Messejahre gibt dem Betrachter eine Idee davon, wie sich Berichterstattung und Werbung im letzten halben Jahrhundert verändert haben.

Comic in schrillen Farben oder ein Avatar

«Auch die Plakate sind eindrückliche Zeitdokumente. An ihrem Stil erkenne ich sofort die Epoche, aus der sie stammen», stellt Claudia Tschann fest. 1991 warb man mit einem Comic in schrillen Farben, 2007 gar mit dem Bild eines Avatars. «Heute wäre so etwas nicht mehr denkbar.»

Im Auftrag der Messeleitung hat die junge Grafikerin das Sonderschau-Plakat gestaltet, dessen Schriftzug in verschiedenen Weiss- und Blauschattierungen von allen Richtungen ins Bild hineinläuft und sich in mehreren Schichten überlagert. So ist er einerseits im Hoch- und Querformat gleichermassen lesbar, und es entsteht andererseits eine faszinierende, dreidimensional anmutende Bildtiefe, in der sich der Blick sinnend verliert. Damit hat sie ein eigenes, aktuelles Illustrationskunstwerk geschaffen – das i-Tüpfelchen einer gelungenen Retrospektive. (Text von Cornelia Bisch)