«Im Rebberg der Zuger Geschichtsforschung»

Literatur & Gesellschaft, Brauchtum & Geschichte

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Die 40. Ausgabe des wissenschaftlichen Zuger Jahrbuches «Tugium» kommt in alter Frische daher. Schwerpunkte des fast 270 Seiten starken Buches sind ein kulturhistorisch bedeutendes Grossprojekt sowie eine besondere archäologische Entdeckung in der Altstadt.

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  • Das Klosterprojekt ist eines der reich bebilderten Schwerpunktthemen im neuesten «Tugium». Bild: Andreas Faessler (Zug, 6.11.2024)
    Das Klosterprojekt ist eines der reich bebilderten Schwerpunktthemen im neuesten «Tugium». Bild: Andreas Faessler (Zug, 6.11.2024)

Zug – Der aufmerksame Blick in die Geschichte einer bestimmten Region ist der beste Weg, diese gesamtheitlich zu fassen und zu begreifen. Seit Dezennien erfüllt das Jahrbuch «Tugium» entsprechend die Aufgabe, neueste archäologische wie kulturhistorische Erkenntnisse anschaulich zu dokumentieren und somit der breiten Gesellschaft quasi Rechenschaft abzulegen über die wissenschaftliche Arbeit, welche im vergangenen Jahr im Kanton Zug geleistet worden ist.

Gestern wurde der Öffentlichkeit die 40. Ausgabe von «Tugium» vorgestellt. Der Saal im Alterszentrum Neustadt in Zug war bis auf den letzten Platz besetzt – ein deutliches Zeichen, dass die Materie auf ungebrochenes Interesse stösst. Bildungsdirektor Stephan Schleiss richtete allem voran lobende Worte an die Adresse der Verantwortlichen und Mitwirkenden für ihre «hartnäckige und sorgfältige Arbeit im Rebberg der Zuger Geschichtsforschung». Mit «Tugium» werde das «scheinbar Widersprüchliche» möglich: mit Zuversicht in die Zuger Vergangenheit zu schauen.

«Bergung» eines Klosterschatzes

«Tugium» 2024 ist mit seinen 268 Seiten deutlich mächtiger als die meisten bisherigen Ausgaben. Dies liegt jedoch nicht daran, dass es die 40. Ausgabe ist. Vielmehr hat eines der umfangreichsten und kulturhistorisch bedeutendsten Zuger Projekte der vergangenen Jahre mit rund siebzig Seiten extra viel Raum erhalten: die Übernahme des mobilen Kulturgutes aus dem Kloster Maria Opferung durch das Museum Burg Zug.

Nachdem das Ordensleben im Zuger Kloster mit dem Tod der letzten Frau Mutter 2019 so gut wie gänzlich zum Stillstand gekommen war, entschied sich der für den Betrieb zuständige Verein, das gesamte mobile Kulturgut des Klosters als Schenkung an das Museum Burg Zug zu übertragen. Ein Team um den vormaligen Museumsdirektor Marco Sigg übernahm die Aufgabe, den unerwartet grossen Bestand zu sichten und aus den über 22’000 Einzelobjekten diejenigen auszuwählen, welche für die Abbildung des einstigen Klosterlebens und der 400-jährigen Geschichte des Ordens der Kapuzinerinnen in Zug von kulturhistorischer Relevanz sind.

Eine wahre Mammutaufgabe. Dessen wurde das interessierte Publikum an der Buchvernissage gewahr: Marco Sigg präsentierte gleich selbst seinen Bild-Text-Beitrag über den aufwendigen Prozess, der als sprichwörtlicher «Aufbruch ins Ungewisse» begonnen hatte. Mit Exzerpten aus seinem Forschungsbericht und einer repräsentativen Bildauswahl fasste Sigg das «bisher grösste Projekt für das Museum Burg» Zug zusammen. «Dieses Erschliessungsprojekt ist für die Zuger Kulturgeschichte von eminenter Bedeutung», hatte der Bildungsdirektor bereits in seiner Begrüssungsrede vorausgeschickt. «Und zugleich ist es ein spannendes Stück Zuger Bildungsgeschichte.»

Wandmalereien, Familienwappen, Hofrechte

Der Beitrag zum Kloster Maria Opferung mag den weiteren Buchinhalt in Sachen Umfang «in den Schatten» stellen, gräbt ihm jedoch keinerlei Bedeutung ab. So erhält auch der zweite grosse Forschungsbericht über den im Rahmen von Renovierungsarbeiten zufällig entdeckten Wandmalereizyklus im Haus Ägeristrasse 3 würdige Gewichtung. Die Autorenschaft – namentlich Sabine Sommerer, Saskia Roth, Anette JeanRichard, Mareike Stein, Marianne Tauber und Thomas Glauser – bietet eine detailreiche Auslegeordnung darüber, was der einzigartige Fund bislang für Erkenntnisse zutage gebracht hat und welche Analysen diese wiederum ermöglicht haben.

In Sachen Aufbau und Konzept bleibt sich auch das 40. «Tugium» treu. Neben den erwähnten Forschungsbeiträgen sowie den jährlichen Berichten des Staatsarchivs, dem Amt für Denkmalpflege, dem Museum für Urgeschichte(n) und dem Museum Burg Zug sind weitere kürzere thematische Berichte erschienen. Darunter eine kommentierte Arbeit über das «Hofrecht von Ägeri» von 1407 oder der Bericht über einen Zuger Gesandten in Lugano und Paris. Familiäres Selbstverständnis und Zuger Erinnerungskultur ist ein weiteres Schwerpunktthema. Und schliesslich steuert «Tugium»-Hauptredaktor Daniel Schläppi einen Text über die Gemeindegüterausscheidungen im Kanton Zug des späteren 19. Jahrhunderts bei.

Alles in allem brilliert die 40. Ausgabe des Zuger Jahrbuches in bewährtem roten «Kleid» mit der gewohnten Vielfalt an Forschungserkenntnissen und Rechenschaftsberichten – fundiert recherchiert, allgemein verständlich formuliert und optisch hervorragend präsentiert. (Text von Andreas Faessler)

Hinweis

«Tugium» 2024, zu beziehen beim Amt für Denkmalpflege und Archäologie, Hofstrasse 15, Zug. Oder zu bestellen via 041 728 28 58 oder info.ada@zg.ch.