Wohin des Weges, Kunsthaus?

Kunst & Baukultur, Vermittlung

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Das Zuger Kunsthaus ist in aller Munde. Umfragen und Workshops werden durchgeführt, um Potenzial auszuschöpfen. Doch schon vor Ende der Analyse wird einiges klar. Ein Kommentar.

  • Für das Zuger Kunsthaus soll sich in den kommenden Jahren einiges ändern. (Bild: Anna Maysuk)
    Für das Zuger Kunsthaus soll sich in den kommenden Jahren einiges ändern. (Bild: Anna Maysuk)

Zug – Dieser Artikel erschien in der Mai-Ausgabe 2024. Hier geht es zu den weiteren Artikeln. 

 

Welche Zuger Museen kennen Sie? Was haben Sie in letzter Zeit besucht? Was hält Sie davon ab, die Museen zu besuchen? Die erste Umfrage zu den Zuger Museen ist abgeschlossen und der Rücklauf dabei war unerwartet gross. Mehrere hundert Personen haben die Umfrage zu den Zuger Museen ausgefüllt. Eine weitere Umfrage spezifisch zum Zuger Kunsthaus wird folgen – denn besonders da soll sich einiges ändern.


Was bisher geschah
Im Jahr 2015 wurde der Plan verworfen, ein neues Kunsthaus auf dem Areal des alten Kantonsspitals am See zu bauen. 2017 wurden verschiedene Sanierungen durchgeführt und an der Generalversammlung der Zuger Kunstgesellschaft aber auch entschieden, dass langfristig eine neue Lösung mit mehr Fläche gefunden werden muss. Beauftragt wurde nun im vergangenen Jahr die Firma Metrum aus München für eine «Analyse der Museen» und eine Analyse des Kunsthauses.
Um Potenziale neu zu beurteilen, wurden neben der Umfrage dieses Jahr bereits Workshops mit verschiedenen Akteurinnen und Akteuren der Zuger Museumslandschaft durchgeführt, ein weiterer wird am 28. Mai folgen. Dazu kommen Interviews mit mehreren Dutzend der sogenannten Stakeholder. Der ausführliche Prozess läuft über mehrere Monate auf verschiedenen Ebenen und kostet 90'000 Franken. Offensichtlich verspricht man sich davon so einiges, sonst würde ein solcher Betrag wohl kaum fliessen – wird doch sonst bei Geldern für die Kulturschaffenden, die Häuser und Projekte selten grosszügig aufgetischt. Man untersuche nun jedenfalls die Möglichkeiten und Potenziale im Bereich der räumlichen Erweiterung, deren finanzielle Auswirkungen, die Organisationsstruktur und ganz allgemein die Positionierung des Hauses, heisst es. Man wolle das Zuger Kunsthaus, aber auch die anderen Stadtzuger Museen regional bis international besser platzieren. Und man wolle verstehen, wo die Synergien der Stadtzuger Museen und Ausstellungsräume liegen.


Das grösste Thema
Das ist in dem ganzen Prozess offensichtlich nicht nur bei der Zuger Kunstgesellschaft, sondern auch in der Politik, dass die Räumlichkeiten für das Museum zu klein geworden sind. Nicht nur die Ausstellungsräume, sondern auch die Depots genügen den Anforderungen schon seit Jahren nicht mehr. Der Platzmangel aber ist nicht die einzige Herausforderung am jetzigen Standort, an dem das Kunsthaus seit den 1980er-Jahren einquartiert ist. Auch die Raumaufteilung des Gebäudes ist anspruchsvoll für die Ausstellungsdramaturgie. Mit neuer Infrastruktur soll es möglich werden, die Sammlung von rund 10'000 Werken und Wechselausstellungen gleichzeitig präsentieren zu können. Eine unterirdische Erweiterung zwischen dem historischen Herrenhaus und der Stadtmauer ist dabei hauptsächlich Thema. 


Was der Prozess bereits gebracht hat
Die Workshops und Gespräche, die in diesem Rahmen so erstmals in Zug stattfanden, hätten bereits einiges ausgelöst, sagt Iris Weder, Leiterin Abteilung Kultur der Stadt Zug. Gerade für die Vernetzung, gemeinsame Visionen und den Gemeinschaftssinn seien solche Treffen sehr fruchtbar. Und damit sind wir bei einem weiteren Hauptanliegen der Stadt: Man will die Museen zur Zusammenarbeit bewegen. Als Beispiel wird in der Umfrage das Wiener Museumsquartier genannt. Ein Vergleich, der erst mal einigermassen grössenwahnsinnig er- scheint, wenn man die Dimension der österreichischen Hauptstadt, deren Tourismus und Museenlandschaft betrachtet. Iris Weder betont jedoch, der Vergleich diene einfach nur als Referenz, da sehr viele Leute das Museumsquartier Wien kennen. Doch nicht nur Wien, auch in vielen anderen Städten und Regionen, sei es in Basel oder im Graubünden, arbeiten die verschiedenen Museen stärker zusammen. Zudem hat Zug die besten Voraussetzungen für eine solche Zusammenarbeit – denn es existiert mit der räumlichen Nähe der Häuser in der Altstadt tatsächlich ein Museumsquartier. Diese Nähe der Institutionen könnte man stärker nutzen, ist man bei der Stadt überzeugt – sei es mit einem gemeinsamen öffentlichen Auftritt, Café und Foyer, auch gemeinsamen organisatorischen Strukturen.


Was untergeht in der Analyse
In den bisherigen Workshops, aber auch bei der kompletten politischen Debatte: das Thema Nachhaltigkeit – in verschiedenen Bereichen. Man will, dass die Museen den Tourismus stützen, man will, dass das Museum weniger Geld braucht. Soziale Nachhaltigkeit im Sinne von fairen und langfristig funktionierenden Strukturen und Arbeitsbedingungen für alle ist dabei kaum Thema. Noch weniger die ökologische Nachhaltigkeit. Die Abwesenheit dieser Debatte steht jedoch einigermassen quer in der europäischen Museumslandschaft, wo mit diversen Initiativen und Projekten – wie Happy Museums in der Schweiz beispielsweise – der Blick nicht nur auf die Container gelenkt wird, in denen für eine Ausstellung Objekte um die halbe Welt verschifft werden, sondern auch auf die Arbeitsbedingungen intern.


Was hoffentlich nicht untergeht
Dass sich im Sinne der ebenfalls endlich im Fokus stehenden Provenienzforschung auch das sogenannte «Afrika Museum» an einem Erneuerungsdiskurs der Museen beteiligt.


Was hingegen immer wieder auftaucht
Das «Führungsproblem» im Kunsthaus. Sowohl an der Sitzung des Grossen Gemeinderats vom Oktober 2023 als auch bei der Stadt wird dieses immer wieder erwähnt. Dass ein zentraler Punkt der Analyse sich um die «Entwicklung der Organisationsstruktur» dreht, schlägt in die gleiche Kerbe. Genauer will niemand werden, doch es hört sich bei verschiedenen Quellen danach an, als säge man während des Prozesses auch leise und ganz nebenbei am Stuhl der Direktion.


Was offensichtlich wird in der Debatte
In der Politik hat ein grosser Teil der Personen das Wort «Kulturvermittlung» schlicht nicht verstanden. Denn während alle brav auch den «Bildungsauftrag» der Museen erwähnen, pochen ein paar gleichzeitig darauf, dass Schüler*innen nicht zu den Besucher*innen gezählt werden dürfen, da diese «gezwungenermassen» – und nicht freiwillig – das Museum be- suchen würden. «Dass es bei Vermittlung um kulturelle Teilhabe geht, das verstehen viele noch nicht», sagt dazu Iris Weder, die neben ihrer Tätigkeit bei der Stadt Zug auch als Vorstandsmitglied von Kulturvermittlung Schweiz KVS amtet. Das Verständnis wird sich hoffentlich in der Auseinandersetzung mit den Museen ein wenig einstellen.


Und was jetzt geschieht
Geplant war, das Projekt im Sommer 2024 öffentlich vorzustellen – das wird sich jedoch verschieben. Bei der Stadt geht man davon aus, dass die Bevölkerung im November über die Ergebnisse informiert wird. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Stadtzuger Museen enger zusammenrücken werden.

 

Text: Jana Avanzini