Die Erblastkomödie als Premiere

Theater & Tanz

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«A scheene Leich» von Gerhard Polt, den Well-Brüdern und dem Schweizer Regisseur Ruedi Häusermann wurde im Theater Casino Zug gezeigt. Die 40. Vorstellung war zugleich die Schweizer Erstaufführung.

  • Schauspieler Stefan Merki als Herr Szabo auf der Bühne des Theater Casino Zug. Bild: Stefan Kaiser (Zug, 12. 12. 2024)
    Schauspieler Stefan Merki als Herr Szabo auf der Bühne des Theater Casino Zug. Bild: Stefan Kaiser (Zug, 12. 12. 2024)

Zug – Da sitzt ein zusammengesunkener alter Mann im Rollstuhl auf der Bühne des Theaters Casino Zug. Er trägt einen Schnurrbart, unter dem Rede hervorfliesst – eine alte raue Stimme. Wie man es in Altersheimen so hören kann, brabbelt «Herr Szabo» über die vielen banalen Ereignisse, die Hochbetagte in ihrer Abgeschlossenheit noch beschäftigen.

Aber dann kippt die Rede plötzlich und er fängt an, von seltsamen Vorgängen zu berichten: Im zweiten Stock sei eine Frau verhungert; ein anderer sei aus dem Fenster gesprungen; er selbst bekomme eine «Dreipfünderwindel», die eine Woche halte; und sein Nachbar Willi werde gezwungen, vor dem Tod bereits eine Urne auszuwählen.

Das Publikum lacht, denn natürlich klingt das komisch. Und zugleich unheimlich. Und es ist genial gespielt: Schauspieler Stefan Merki imitiert die greisenhafte Sprache und Gestik perfekt. An anderen Stellen des Stückes «A scheene Leich» schlüpft er in weitere Rollen: Mal ist er der Gehilfe des Bestattungsunternehmers Brenner, mal ein korrupter Richter.

Vom Sterben und Leben, Verlieren und Gewinnen

«A scheene Leich» handelt vom Alter, vom Sterben und von den Geschäften, die man mit beidem machen kann, von Würde und Scheinheiligkeit. Die Story dreht sich um Pius Brenner, der mit seinem Bestattungsinstitut Pietas AG reich geworden ist und nun selbst verstirbt; um seine Frau Hilde, der er die Karriere verdankt und deren «Königsberger Klopse» er in die Ewigkeit mitnehmen will; und um eine Geliebte mit langen Beinen und sexy Sonnenbrille, die er zur Alleinerbin macht.

Darum herum gruppieren sich weitere Figuren: Der Chor, der ein viel zu heiteres «transsilvanisches Beerdigungslied» proben will; das Pietas-Personal, das auf den effizienten Verkauf von Urnen- und Särgen gedrillt wird; oder der Pfarrer, der am Grab aus der Apokalypse vorliest, sodass ihm das Publikum davonläuft und er beim Leichenschmaus die Suppe allein auslöffeln muss.

«A scheene Leich» ist komische musikalisch-theatrale Unterhaltung zu schweren Themen, erfunden und inszeniert von Gerhart Polt, dem berühmten, inzwischen 80-jährigen Kabarettisten, und den Brüdern Karl, Stofferl und Michael Well, die aus einer grossen bayerischen Musikerfamilie stammen. Regie führte, auf Wunsch von Polt, der Schweizer Ruedi Häusermann, der bekannt ist für seine musik-theatralischen Inszenierungen.

«Richtiges Theater»

Das Theater Casino Zug war bis zum letzten Platz ausverkauft. Anfänglich war geplant, «einmal nicht nur eine Nummerndramaturgie, sondern richtiges Theater zu machen», wie Häusermann bei der Einführung erzählte. Dennoch war das Stück eine Aneinanderreihung von Szenen, die nur lose zusammenhingen.

Mit dreierlei Zutaten: erstens augenzwinkernd dargebrachten Liedern und Musikstücken aus der Feder der Well-Brüder, gespielt auf einer riesigen Vielfalt von Instrumenten wie Klarinette, Trompete, Akkordeon, Harfe, Drehleier, Ukulele, Posaune oder Pauke; zweitens Polts Kabarettsolos mit ihren satirischen Spitzen; und drittens schauspielerisch-szenischen Highlights, zu denen nebst Merki auch die junge Schauspielerin Maren Solty und ein sechsköpfiger Laienchor beitrugen. Komödiantisch beeindruckend, wie lustvoll Solty abwechselnd in die Haut der behäbigen Hilde, der tussihaften Alleinerbin oder der aufgeregten Gerichtshelferin schlüpfte.

Häusermann hatte alle diese Ingredienzen in ein zweistündiges Ganzes gegossen, das zwar gewisse Längen aufwies, aber immer wieder neue Einfälle präsentierte. Dass er «Gegenstände zum Sprechen und Wände zum Tanzen bringe», konnte man live erleben: Das Bühnenbild setzte sich aus Kulissen zusammen, die mal an Wandtäfelungen, mal an Sargdeckel erinnerten, und die zwischen den Szenen unter Harfenklängen so verschoben wurden, dass tatsächlich Tänze entstanden. Möbel und Requisiten veränderten fantasievoll ihre Bedeutung, und die Darstellenden wechselten ständig die Rollen.

Begeisterung beim Publikum

Dieses musikalisch-poetische Inszenierungsprinzip weckt beim Zuschauen eine kindliche Lust, der Fantasie in alle Winkel zu folgen. Das Publikum reagierte denn auch mit begeistertem, stehendem Applaus. (Text von Dorotea Bitterli)