In der Shedhalle ist ein Schatz zu sehen
Kunst & Baukultur
Wer kennt schon Hans Potthofs Fotokunst? Die Ausstellung in Zug zeigt sein Schaffen sowie das von Gato Dkach – und überrascht alle.
Zug – Gross ist das Interesse an der vom Verein Zug Art organisierten Ausstellung, bei der vor allem die fast unbekannten Fotoarbeiten des Malers und Grafikers Hans (Johnny) Potthof (1911–2003) im Zentrum stehen. Sie nehmen seinem malerischen Frühwerk etwas die Schau. Denn Potthof war mit der Rolleiflex-Kamera ab den 1935er-Jahren unterwegs: Das zeigen die stimmungsvollen Facetten von Zug und dem Zugersee aus verschiedenen Jahreszeiten, erheiternde Details vom Stierenmarkt, seine Skitouren, die Reisen nach Paris und nach Berlin an die Olympiade 1936 sowie die Werkgruppen von Stahl- und Asphaltarbeitern.
Besondere Beachtung findet bei der Vernissage am vergangenen Freitagabend das grosse Farbfoto der Zuger Seegfrörni von 1962, das im Vordergrund unzählige Wasservögel im aufgetauten Eis zeigt und dahinter die Menschen, welche sich auf der restlichen Eisfläche vergnügen. Und auf einem Foto, das als Doppelbelichtung den Kopf eines Mannes hinter einem Tennisracket zeigt, erkennt eine Besucherin gar ihren Vater Willi Uttinger, der, wie sie und viele andere Zuger, Johnny Potthof kannte.
Skizzenbücher neu im Staatsarchiv
Der Humor des Künstlers schimmert in vielen Werken durch, wie im Selbstporträt «Antrag» von 1937, auf dem er mit einer Tulpe in der Hand einem weiblichen Tonkopf zuspricht. Potthofs innovative Kreativität zeigt sich auch darin, aus welchen Winkeln und Durchblicken er seine Motive ablichtet, wie er experimentell Doppelbelichtungen, Unschärfe, Licht und Schatten einsetzt oder den Nebel einbezieht, um Stimmungen zu betonen. Interessant ist darum das Aquarell von 1931 mit einer Laterne, weil daneben das Foto derselben Lampe von 1937 hängt, im Licht- und Schattenspiel. Nicht zu vergessen ist der Inhalt der Vitrinen, denn hier liegen einige Skizzenbücher, in denen man gerne stöbern würde – auch in den beiden Exemplaren, die das Zuger Staatsarchiv ganz neu erhalten hat.
Der Zuger Stadtpräsident André Wicki zeigt sich überwältigt von den alten Fotos und sagt würdigend: «Hans Potthof gehört zu Zug. Die Stadt besitzt auch 18 Bilder von ihm, die sich neben dem Stadthaus an verschiedenen Orten befinden.»
Viele Besuchende sind überrascht über die fotografische Qualität der analogen Schwarz-Weiss-Aufnahmen von Potthof, denn fast alle sind noch nie der Öffentlichkeit präsentiert worden. Nur einige wenige Fotos seien 1940 im Theater Casino gezeigt worden, sagt der Potthof-Kenner und Kurator der Ausstellung, der Kunsthistoriker Georg Hilbi. So hat er bereits 2021 in seinem Kunstband «Hans Potthof – frühe Malerei, Fotografie» auf diesen Aspekt hingewiesen.
Er sei 2017 bei der Sichtung des Nachlasses, der von der Hans und Martha Potthof-Stiftung verwaltet wird, auf die Fotoarbeiten gestossen und fasziniert gewesen. «Ich habe bis dahin seine meditativen Ölgemälde gekannt. Die Fotos waren damals absolutes Neuland für mich, er hat den Zeitgeist aufgenommen und kann sich mit den Grossen messen.»
Mit der Malerei habe er um 1930 begonnen, die Fotos seien ab 1935 entstanden. «Er war eigenständig in seinem Schaffen, malerisch und fotografisch – und suchte immer seinen Stil.» Wie Hilbi ergänzt, habe ihn die Menge überrascht: «Ich habe rund 2000 Negative gesichtet, gesäubert und digitalisiert.» Für die Ausstellung musste er jetzt rund 200 Fotos auswählen, rahmen oder auf Aludibond aufziehen lassen.
Der Titel «Augenblick – The Silent View Beyond» ist tiefsinnig, denn ein Augenblick reicht nicht aus, um alles genauer zu betrachten. Und «die stille Aussicht – dahinter» betont das kreative Wirken der beiden Künstler, denn Potthofs Werke stehen hier im Dialog mit dem Zuger Fotografen und Weltreisenden Gato Dkach (geboren 1966), der nicht zur Vernissage kommen konnte.
Als zeitgenössischer Fotokünstler wird auch er von Zug Art gefördert. Mit farbenfrohen, dokumentarischen Bildern von östlichen Tempeln, Landschaften und den Menschen erzählt Dkach von seinen Reisen und bezaubert mit experimentellen und surrealen Arbeiten. So hat er laut Hilbi ein Schwarz-Weiss-Negativ von Potthof digitalisiert und farblich neu interpretiert.
Hinweis
Die Ausstellung «Hans Potthof/Gato Dkach – Augenblick – The Silent View Beyond» läuft in der Shedhalle Zug bis zum 2. Oktober. Öffnungszeiten: Mittwoch und Freitag, jeweils 17 bis 20 Uhr, sowie Samstag und Sonntag, 11 bis 17 Uhr.
(Text von Monika Wegmann)