Anton und sein Schwein
Dies & Das
Die kleine Kapelle auf dem Hof Zittenbuech ist dem heiligen Antonius geweiht. Es handelt sich aber nicht um den «populären» Antonius von Padua. Ein gewisses Attribut verräts.
Unterägeri – Antonius von Padua (†1231) ist einer der meistverehrten Heiligen im katholischen Abendland und wird unter anderem dann angerufen, wenn ein Gegenstand verloren gegangen ist. Jede gefühlte zweite Kirche oder Kapelle beherbergt mindestens eine Darstellung des Patrons oder verfügt wenigstens über eine so genannte «Antoniuskasse». Seine Verehrung verbreitete sich nördlich der Alpen vor allem im 16. Jahrhundert rasant. Dadurch verdrängte der grosse Kirchenlehrer allerdings einen anderen Antonius von der Verehrungsbühne. Zuvor nämlich kannte man in unseren Breitengraden hauptsächlich St. Antonius den Eremiten (†356), Begründer des christlichen Mönchtums. Doch als der Paduaner «Platzhirsch» geworden ist, gab es weniger Antoniuskirchen und -kapellen, deren Patrozinien dem Eremiten gelten.
In Unterägeri aber gibt es ein schlichtes Kapellchen, welches dem früheren Antonius geweiht ist. Um 1671 erbaut, um 1800 erneuert und 1947 in den heutigen Zustand gebracht, steht es mitten auf dem Gelände des Hofes Zittenbuech. Es ist spärlich ausgestattet, weshalb der Blick sofort auf die grosse Heiligenfigur auf dem Altar fällt. Sie zeigt den sitzenden Eremiten Antonius mit seinen Attributen, einem T-förmigen Stab mit Glöckchen und zu seinen Füssen: eine Sau. Zur Hälfte zugedeckt schaut sie keck unter seinem Mantel hervor. Aber warum das Borstentier? Der Überlieferung zufolge wurden die Schweine der Dorfbewohner früher auf den Weiden ausserhalb der Siedlungen gehütet. Eines der Tiere war mit einer Glocke gekennzeichnet, dieses gehörte der Allgemeinheit und wurde traditionell jeweils am Namenstag des hl. Antonius Eremit, am 17. Januar, geschlachtet. Dieses «Antoniusschwein» wurde folglich im Mittelalter zum Attribut des Heiligen. Er ist somit Patron der Schweinehirten, unter anderem aber auch der Bauern und Handwerker.
Mit der Ausbreitung der Verehrung Antonius’ von Padua ausserhalb der Region Norditalien aber hat es sich zugetragen, dass man diesen späteren Antonius ebenfalls zum Patron der Schweinehirten erkor. Durch die Verdrängung der Verehrung Antonius’ des Eremiten ist es zu dieser Übertragung der «Zuständigkeit» gekommen. Darum: Sollten Sie ein Schweinehirt sein und wollen für Ihre Tiere beten, so besuchen Sie nicht eine Kirche, die Antonius von Padua geweiht ist, sondern gehen Sie besser nach Unterägeri zur Kapelle in Zittenbuech, wo der wahre Schweine-Toni sitzt. Eindeutig erkennbar am Schweinchen, das unter seinem Mantel steckt. (Andreas Faessler)
HinweisMit «Hingeschaut!» gehen wir wöchentlich mehr oder weniger auffälligen Details mit kulturellem Hintergrund im Kanton Zug nach. Frühere Beiträge finden Sie unter www.zugerzeitung.ch/hingeschaut