Gemäldezyklus lässt Fragen offen

Brauchtum & Geschichte

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Die Stationen im Leben des heiligen Wendelin sind in der Kirche von Allenwinden eindrücklich dargestellt – in Bild und Text. Das bemerkenswerte Bilderwerk hat bei Kunsthistorikern für einige Mutmassungen gesorgt.

  • Je sechs Bilder umfassen die Tafeln. Sie stellen die Stationen im Leben des Schutzpatrons dar. Bilder: Stefan Kaiser (Allenwinden, 12. 4. 2024)
    Je sechs Bilder umfassen die Tafeln. Sie stellen die Stationen im Leben des Schutzpatrons dar. Bilder: Stefan Kaiser (Allenwinden, 12. 4. 2024)
  •   Je sechs Bilder umfassen die Tafeln. Sie stellen die Stationen im Leben des Schutzpatrons dar.Bilder: Stefan Kaiser (Allenwinden, 12. 4. 2024)  Die Kirche von Allenwinden steht unter dem Schutz des heiligen Wendelin. Bilder: Stefan Kaiser (Allenwinden, 1.2 4. 2024)
    Je sechs Bilder umfassen die Tafeln. Sie stellen die Stationen im Leben des Schutzpatrons dar.Bilder: Stefan Kaiser (Allenwinden, 12. 4. 2024) Die Kirche von Allenwinden steht unter dem Schutz des heiligen Wendelin. Bilder: Stefan Kaiser (Allenwinden, 1.2 4. 2024)

Allenwinden – Der heilige Wendelin gehört zu den bekanntesten kirchlichen Patronen – seine Verehrung ist besonders in ländlichen Gebieten verbreitet, da er als Schutzherr der Bauern und Landleute angerufen wird. In den Zentralschweizer Kantonen existiert eine Vielzahl an Bildstöcken, Wegkapellen und Kirchen, die Wendelin – häufig auch Wendel genannt – geweiht sind.

In der Kirche St. Wendelin von Allenwinden ist der Patron bildlich besonders präsent. Neben einem Altarblatt von Melchior Paul Deschwanden, welches den Heiligen in Gesellschaft von Vieh zeigt, ist kunst- und lokalhistorisch vor allem der bemerkenswerte Bilderzyklus zum Leben Wendelins an den Seitenwänden unter der Empore zu erwähnen. Zwölf nahezu quadratische Gemälde erzählen mit dazugehörigen Kurztexten die Vita des – nach Legende – als Sohn eines Königs zum Missionar und Hirten gewordenen Heiligen des Frühmittelalters.

Ende der 1970er-Jahre erhielten die zwölf Gemälde ihre heutige Rahmung nach alten Vorbildern – je sechs Leinwände wurden in zwei übereinanderliegenden Dreierreihen zu einer grossen Tafel zusammengefasst und einander gegenüber an den Seitenwänden aufgehängt.

Der Künstler bleibt unbekannt

Ursprung, Auftraggeber und Autorenschaft der gut erhaltenen Bilderfolge sind bis dato ungeklärt. Erste Wendelinszyklen dieser Art sind im 17. Jahrhundert entstanden. In demjenigen von Allenwinden verweisen die Bildsprache, die Art der Malerei und vor allem die Gewänder der dargestellten Personen ins 18. Jahrhundert, mit grosser Wahrscheinlichkeit in die Jahre vor 1790. Diese zeitliche Einordnung wie auch stilistische Merkmale der barocken Malweise lassen die Vermutung des bekannten Kunsthistorikers Linus Birchler (1893–1967), der Zuger Maler Johann Kaspar Moos (1774–1835) hätte die Bilder geschaffen, als wenig annehmbar erscheinen.

Die Zuger Kunsthistorikerin Christine Kamm-Kyburz (1949–2019) vermutet in ihrer ausführlichen Betrachtung des Allenwindner Gemäldezyklus im Baarer Heimatbuch von 1987 einen begabten Lokalkünstler, der geschichtlich nicht erfasst ist.

Zwei Gemäldezyklen, eine gemeinsame Vorlage?

Interessant ist hier ein Blick nach Menzingen in die Wendelinskapelle im Dorfteil Stalden. Dort befindet sich ebenfalls ein vollständig erhaltener Wendelinszyklus mit zwölf Bildern, der auf den ersten Blick verblüffende Ähnlichkeit mit demjenigen von Allenwinden hat. Inhalt der Darstellungen und auch die dazugehörigen Verse gleichen sich in vielerlei Hinsicht. Kunsthistoriker sind sich jedoch einig, dass der Menzinger Zyklus deutlich älter ist als jener in Allenwinden.

Christine Kamm-Kyburz kommt trotz der Übereinstimmungen aufgrund des stilistischen Vergleichs zum Schluss, dass der Maler der Bilder in Allenwinden diese nicht etwa nach dem Vorbild derjenigen in Stalden gemalt hat. Vielmehr geht die Kunsthistorikerin davon aus, dass sich wohl beide Künstler derselben – vermutlich einer gedruckten – Vorlage bedient haben.

Eine weitere Vermutung führt in den Schriftennachlass der Zurlauben, wo von zwei «langen Tafeln» aus dem frühen 17. Jahrhundert die Rede ist. Sie stellten ebenfalls das Leben des Wendelin dar und befanden sich im Vorgängerbau der heutigen Kirche. Ob die beiden Gemälde­zyklen in Allenwinden und Menzingen nach diesem viel älteren, heute verschollenen Werk entstanden sind? Es bleibt offen.

Ein Blick in die Kirche von Allenwinden lohnt sich allein schon aufgrund dieses heute als Rarität geltenden Kunstwerkes – auch wenn die Lichtverhältnisse unter der Orgelempore es nicht zulassen, dass die beiden Gemäldetafeln dem Betrachter gegenüber ihre volle Wirkung entfalten. (Text von Andreas Faessler)

Hinweis

In der Serie «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fund­stücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.