Existiert in Menzingen ein Jungbrunnen?

Dies & Das

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Das Dorf feiert im kommenden August sein 800-jähriges Bestehen mit einem Fest von historischen Ausmassen. Dies, obwohl man im Jahr 1966 bereits den 900. Geburtstag zelebriert hat.

  • Der Menzinger Dorfplatz auf einer Postkarte um 1920. Bis 1953 hat eine Strassenbahn nach Zug verkehrt. (Bild ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv)
    Der Menzinger Dorfplatz auf einer Postkarte um 1920. Bis 1953 hat eine Strassenbahn nach Zug verkehrt. (Bild ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv)

Menzingen – Wer Geburtstag feiert, weiss in der Regel um sein Alter – ob er die Zahl mag oder nicht. Im Fall der Gemeinde Menzingen ist diese Regel ausgesetzt: Das Dorf beging 1966 bereits sein 900-Jahr-Jubiläum. Im kommenden Sommer feiert es jedoch erst sein 800-jähriges Bestehen. Diese Verjüngung hat nichts mit sinnfreier Eitelkeit oder einem gefundenen Jungbrunnen in der Moränenlandschaft zu tun, sondern mit einer Verunsicherung, was die Quellen anbelangt.

Im Jahr 1966 stützte man sich auf ein Dokument, bei dem es fraglich ist, ob es sich bei der darin aufgeführten Ortschaft tatsächlich um Menzingen handelt. Als sicher gilt hingegen, dass die Siedlung im Jahr 1217 in einem Güterverzeichnis des Klosters Einsiedeln erwähnt ist, dem damals zahlreiche Höfe in der Region Abgaben entrichteten.

«Die Bevölkerung holt sich die Strasse zurück»

Wie alt Menzingen auch immer ist – das Fest vom 18. und 19. August hat für den Ort historische Ausmasse, legt man die Ausführungen von Joëlle Guldin zu Grunde. Gemäss der Mediensprecherin des Organisations­komitees wird erstmals überhaupt die Dorfstrasse wegen einer Veranstaltung gesperrt, und das gleich zwei Tage lang.

Der Kanton, die Polizei und die Zuger Verkehrsbetriebe haben grünes Licht gegeben. Vom Restaurant Löwen bis zur Post sind die Fussgänger die einzigen zugelassenen Verkehrsteilnehmer. «Die Bevölkerung holt sich die Strasse zurück», sagt Joëlle Guldin. Was klingt wie eine politische Parole ist lediglich die verbale Unterstreichung des Festmottos: Es soll keine trockene Angelegenheit mit Geschichtsvorträgen und offiziellen Ansprachen werden, sondern «s’Fäscht», wie die Veranstaltung sinnigerweise heisst.

Für die Finanzierung kommen gleichwohl in erster Linie offizielle Stellen auf: neben der Einwohner- und Bürgergemeinde die beiden Kirchgemeinden. Einer der wenigen privaten Sponsoren ist die Pfadi, die einen Teil des Ertrags vom Open Air 2015 einsetzt. Das Fest gilt übrigens gleichzeitig als das Dorffest, von dem seit Jahren die Rede ist, dessen Ausrichtung aber immer wieder auf die lange Bank geschoben wurde.

Auch die Kinder kommen auf ihre Kosten

Das Programm umfasst in den Grundzügen musikalische und zahlreiche weitere Darbietungen, die die Besucher auf dem Gelände, das auch ein Festzelt sowie eine Kaffeestube und eine Bar umfasst, zirkulieren lassen. Der zweite Tag, der 19. August, richtet sich darüber hinaus besonders an die Kinder.

Dem Geschichtlichen wird mit einer Postkartenausstellung im ehemaligen Spritzenhaus sowie einem Dokumentarfilm Rechnung getragen. Sämtliche Programmpunkte werden ab März auf www.s-faescht.ch aufgeschaltet sein.

Stellt sich noch die Frage: Sind auch Neuheimer zum Fest zugelassen? Schliesslich trennten sich ihre Vorfahren im Jahr 1848 von Menzingen und gründeten eine eigene Gemeinde. «Natürlich», sagt Joëlle Guldin lachend, «sie sind genauso willkommen wie jeder andere.» (Raphael Biermayr)