Schräges, das dem «Schrägen Mittwoch» Ehre macht

Dies & Das, Theater & Tanz, Musik

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Auch fast ein Vierteljahrhundert nach seiner Gründung hat der «Schräge Mittwoch» nichts an Reiz eingebüsst. Er bleibt eine abendfüllende «Wundertüte» der Kleinkunst.

  • Die vier «Stiefschwestern» moderierten den Abend und gaben gleich selber Gas. Bild: Andreas Faessler (Zug, 27.3.2024)
    Die vier «Stiefschwestern» moderierten den Abend und gaben gleich selber Gas. Bild: Andreas Faessler (Zug, 27.3.2024)

Zug – Es ist so ein bisschen wie «Die grössten Schweizer Talente» in klein. Niemand weiss, was als Nächstes kommt, aber es ist bestimmt jemand, der was kann. Doch wie gut er es kann, ist Teil der Überraschung. Womöglich ist es der neue Stern am Bühnenhimmel? Oder vielleicht geht’s einfach nur in die Hose. Jeder Künstler, jede Künstlerin – ob einzeln, zu zweit oder zu mehrt – kriegt ein Zeitfenster von ca. 10 Minuten, um das Publikum von sich zu überzeugen. Oder es einfach irgendwie zu unterhalten. Der Überraschungsfaktor ist seit 23 Jahren die Quintessenz des «Schrägen Mittwochs», der offiziell ältesten offenen Bühne der Schweiz, die lange Zeit im Burgbachkeller ihre Heimstätte hatte, vor ein paar Jahren jedoch ins Kulturzentrum Galvanik übersiedelt ist.

Die jüngste Ausgabe vom 27. März verzeichnete einen mutmasslichen Rekord-Publikumsaufmarsch. Maria Greco, Organisatorin und «Mutter» des «Schrägen Mittwochs» stellt jedenfalls fest, dass das Parkett zumindest seit Ende der Coronazeit noch nie so voll war wie an diesem Abend. Und wirklich: Kaum ein Stuhl ist unbelegt geblieben.

Moderiert wurde die Show von den vier «Stiefschwestern», einer schrulligen Damencombo mit Acapickels-Anleihen. Sie sorgten für Sitte und Ordnung auf der Bühne und drum herum und steuerten – es ist sowas wie Tradition – selbst einen Beitrag zum Abend bei. Skandale oder Schüsse unter die Gürtellinie – was nämlich durchaus vorkommen kann – sind an diesem Abend ausgeblieben. Das Publikum wurde über zwei Stunden lang bestens unterhalten mit kleinen Bühnenperlen, ernsten und weniger ernsten. Einzigartig, unterhaltsam und sicher auch schräg war der Auftritt von Jürg Kilchherr aus dem fernen Düdingen, der sich als eine Art «Guru» zu Electrobeats und mit beschwörender Gestik durch seine 10 Minuten sang.

Fliegende Höschen und Fremdes

Etwas anders geartet war die Nummer von «s’Basche Pius», Pseudo-Muotathaler oder -Villgauer mit goldglänzendem Sexy-Schlübber und Wischmop-Tolle. Der urchige Slang von hinter dem Schlattli gelang dem Zuger nicht mal so schlecht – und zum Schluss flogen Höschen durch den Raum, ehe der Akkordeonist Rüdiger Schiller das Publikum in seine Chansons mit einbezog. Abermals ein ordentlicher Kontrast zur vorangehenden Nummer.

Mit dem Slam Poet Jan Ruthishauser, der kein Träumer ist, weil er seinen Traum eh schon lebt, gab sich ein bereits bühnenerprobter Wortakrobat die Ehre an diesem Mittwoch. Und ebenfalls mit den Tiefsinnigkeigen des Alltags auseinandergesetzt haben sich Joseffo Olivero und Priska Elmiger mit einem Karl-Valentin-Exzerpt über «Die Fremden» sowie das Trio Carmen Oswald mit ihrer musikalischen Therapiesitzung über eine Libelle und wenn einem alles zu viel wird. Zum Schluss brachte Nicole McLaren als Derwischin noch Mystik in den Saal.

Fazit des Abends: Der Schräge Mittwoch ist und bleibt ein kunterbuntes Panoptikum der Kleinkunst, an dem das Publikum über zwei Stunden hinweg Unterhaltung aus der Sparte Varieté jeglicher Art serviert kriegt – es hat sich einmal mehr glänzend amüsiert und wird die schräg-schönen Nummern in Erinnerung behalten; die eine mehr, die andere weniger. (Text von Andreas Faessler)