Würdige Karfreitagsvorbereitung

Musik

,

Das Requiem für Chor, Soli und Orchester des deutschen Komponisten Thomas Hettwer ist in der Pfarrkirche von Oberwil als Gesamterlebnis für die Sinne aufgeführt worden.

  • Ein Requiem für die Sinne: Der Chor Bruder Klaus Oberwil führte das Hettwer-Requiem in der Pfarrkirche auf. Bild: Maria Schmid (Zug, 27. 3. 2024)
    Ein Requiem für die Sinne: Der Chor Bruder Klaus Oberwil führte das Hettwer-Requiem in der Pfarrkirche auf. Bild: Maria Schmid (Zug, 27. 3. 2024)

Oberwil b. Zug – Kaum jemand ausserhalb der Ausführenden kannte vor dem Konzert die Werke oder auch nur den Namen des 1963 geborenen Komponisten Thomas Hettwer. Das zahlreiche Publikum folgte dem Ruf des Kirchenchores unter der Leitung des seit 50 Jahren amtierenden Armon Caviezel, den beiden wohl bekannten Vokalsolisten Nuria Richner und Simon Witzig – und wohl auch demjenigen der gerade in politisch verunsicherter Zeit wieder stärker wahrgenommenen theologischen Gehalt der Totenmesse. Die Besucherinnen und Besucher wurden nicht enttäuscht: Sowohl als Komposition wie im musikalischen Nachvollzug war es eine würdige Vorbereitung auf Karfreitag und Ostern.

Das Programmheft und eine der Presse noch zusätzlich zugesandte Präsentation beschrieben die Komposition als Stilmix aller musikalischen Epochen vom Gregorianischen Choral über Barock, Klassik und Romantik bis zu Elementen aus Jazz und Popmusik. Erfreulicherweise machte die in Oberwil erlebte Interpretation einen viel geschlosseneren Eindruck, meist mit abgerundeten und gut nachvollziehbaren Harmonien, mehr oder weniger um den romantischen Stilbereich. Sowohl von seiner Ausbildung wie von seinem aktuellen Wirkungskreis als Professor für Musikpädagogik im Raum Hamburg wusste und praktizierte der Komponist, was ein Laienchor leisten kann und was nicht.

Nur an wenigen Stellen überbordete die Tontechnik – etwa beim ersten Einsatz der Solo-Sopranistin oder im Sanctus –, wenn der prägnant und präzis gestaltende Chor von musikalisch weniger wichtigen Nebenstimmen übertönt wurde. Auch die Lichttechnik (Roger Stieger) hielt sich meist an die vom Thema her geforderte Diskretion, sodass sich die Ausführenden voll auf den Notentext und seine angemessene Umsetzung konzentrieren konnten. Sie beliess den Musikanten und dem Publikum genügend Freiraum für das eigentliche Hörerlebnis.

Auch auf das Risiko, dass der Schreibende sich in diesem Punkt wiederholt: Im Zentrum des Geschehens standen einmal mehr die lange und sorgfältige Chor-Einstudierung durch den Dirigenten Armon Caviezel und der persönliche Einsatz der einzelnen Chormitglieder. Alle Register wirkten in sich souverän. Auch unter den für einen Kirchenchor ungewohnten Klangbedingungen überzeugte eine abgerundete Gesamtform. Höhepunkte waren etwa das Fugato des Kyrie, die mutigen Einsätze in ungewohnten Harmonien bei dem im «Ricordare» solistisch geführten Alt, so wie verschiedene mehrstimmige A-cappella-Zwischenteile, welche dank intensiver Chorschulung stets eine exakte Intonation bewahrten.

Meist nur kurze und nicht immer gestalterisch dankbare Zwischenteile hatten die beiden Vokalsolisten zu leisten. Sowohl die Sopranistin Nuria Richner wie der Tenor Simon Witzig wirkten stimmlich souverän, und sie fanden auch guten Kontakt zum Chor und zu den Begleitinstrumenten. Das Orchester – sechs Bläser, drei Gitarren, zwei Tasteninstrumente und Schlagzeug – war durchwegs nur solistisch besetzt. Unter ihnen kannte Pius Dietschy als langjähriger Korrepetitor und Organist den Chor weitaus am besten, was ihm bei zahlreichen exponierten Einsätzen einen sicheren Mitvollzug ermöglichte. Aber auch die andern zwölf Instrumentalisten verfügten über souveränes spieltechnisches Können, und sie vermochten sich der für einige Mitspieler ungewohnten Aufgabe gut anzupassen.

Auf Wunsch der Ausführenden beschränkte das Publikum den langen und anhaltenden Applaus auf den Schluss des Konzerts. Auch der Komponist verstand sein Werk nicht nur als Hörerlebnis mit der Mischung verschiedener Stilbereiche, sondern als Gottesdienst. Verschiedene Teile wurden auch für die zwei Tage später stattfindende Karfreitagsliturgie einstudiert. (Text von Jürg Röthlisberger)